„Überwerfungen innerhalb der CDU…“

„Rheinische Post“ porträtiert Fritz Ressle

Was ist ein „Urgestein der Politik“? Eine Art Gallenstein? Wie wird man so? Tut das weh? Und was macht man mit so einem  „Urgestein“? Liegt das da so herum?

Fragen über Fragen, die die Welt bewegen und auf die man vielleicht in der „Sendung mit der Maus“ eine Antwort bekommen könnte – oder wenn man die „Rheinische Post“ vom heute gelesen hat.

Denn da wird einer mit einem PR-Bericht belohnt, der sich liest, als hätte die offenbar selten anzutreffende Berlusconi-Mischung aus „Unternehmer und Politiker“ eine Anzeigen-Serie in der „Rheinischen Post“ in Auftrag gegeben.

Soviel handzahme, hoffärtige Berichterstattung findet man sonst nur in den Werbeblättchen, die ihr Geld ja mit dem verdienen, was sie nicht drucken.

Und der RP-Artikel liest sich auch so auch wie bestellt:

Da will einer einen „Coup landen“, was im Französischen so viel bedeutet, wie „die entscheidende Handlung“, allerdings schwingt da eine negative Komponente (Kriminalität usw.) mit, die man der „RP“ nicht unterstellen sollte.

Gewohnt ehrfürchtig und handzahm folgt dann der respektvolle Blick auf den Paten hinterm Schreibtisch: „Vielleicht würde er sich selbst auch eher als Strippenzieher oder Ideengeber bezeichnen (…).“ Eher mehr oder eher weniger? Als was sieht ihn die „RP“? – Schweigen.

Die ihn Porträtierende würde man jedenfalls nur mit großer Zurückhaltung als Journalistin bezeichnen. Sie begreift ihre Aufgabe als Mission, als Transmission, als Übersetzung des Bajuwarischen ins Platt-Banale:

„Jedenfalls“ – so die RP – mache der „72-Jährige“ – es fehlt der Hinweis auf dessen erstaunliche Fitness und Jugendfrische –  „im Redaktionsgespräch deutlich, warum mit ihm und seinen Ideen noch immer zu rechnen ist – und welche Ziele er für das bürgerliche Lager und dessen Wähler anstrebt.“

Wie kommt man zu der Ehre eines Redaktionsgesprächs? Welches Interesse leitet die „RP“-Redakteurin bei ihrer netten Plauderei mit dem Paten der dUH-Nachfolgeorganisation? Ein Narr wartet auf Antwort…

Was folgt, das ist die ungefilterte Wiedergabe selbstgefälliger Plattitüden und kraftgenialischer Selbstüberhebungsphrasen. „Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich zu den Gründern der neuen ,Allianz für Hilden‘ gehöre und Mitglied bin“, enthüllt der „Unternehmer und Politik“ ein lange gehütetes, offenes Geheimnis.

Neu daran ist nur, dass es offenbar eine „alte“ Allianz gegeben hat. Aber jetzt ist die „neue“ da. So ganz ohne Wahl zur drittstärksten Fraktion im Rat geworden zu sein, würde so manche Frage aufwerfen. Aber nicht bei der „RP“.

Vom strahlenden Glanz des mehrfach übermalten Selbstbildnisses des Fritz R. förmlich geblendet, sieht die „RP“, dass sich „erstaunliche Parallelen zur Stadt Ratingen auftun. Auch dort hatte es Überwerfungen innerhalb der CDU gegeben.“

Wenn in Hilden ein CDU-Fraktionschef von einem Unternehmer, Politiker und Strippenzieher in einem Fax als „Oberratte“ bezeichnet wird, dann nennt die „RP“ das „Überwerfungen“. Harmloser, netter und niedlicher hätte man die jahrelangen Auseinandersetzungen in der CDU nicht beschreiben können, an denen das Urgestein beteiligt war.

Viele werden sich daran erinnern. Und mancher wird das eine oder andere Fax von Fritz Ressle aufbewahrt haben. Der Vorwurf des damaligen SPD-Fraktionschefs Scholz an die Adresse Ressles lautete, dieser verwende „rhetorische Argumentationsmuster eines Jörg Haider.“

Aber davon wollen Fritz und die „RP“ nichts wissen. Beide kündigen lieber etwas ganz Großes an: „Zum Jahresanfang soll aus der Allianz auch eine Partei werden (…).“ Hat sich die RP-Chefredakteurin nur verhört oder wollen die „Alliierten“ auch landesweit antreten? Toll! Ein paar „Wesselmänner“ werden nicht ausreichen, um auf sich aufmerksam zu machen.

Verharmlosend-freundlich wird über die Verschiebungen im politischen Spektrums Hildens hinweggegangen. Ursache und Wirkung interessieren nicht. Dem Hinweis auf die wie durch einen Vulkanausbruch entstandene, „neueste Fraktion im Stadtrat“ folgt das Bedauern, die „Bürgeraktion“ habe „aber weiterhin Bestand (…), wenn auch mit entsprechend weniger Mitgliedern.“

Dass ein von der CDU zur BA gewechseltes Ratsmitglied nicht zur „Allianz“ weitergewandert, sondern Mitglied der „Bürgeraktion“ geworden ist, passt nicht ins Bild, das die „RP“ von der Anziehungskraft dieses magnetischen „Urgesteins“ zeichnet.

In ihrer Darstellung der politischen Kräfte Hildens folgt die „RP“ der Selbstüberschätzung der dUH-Nachfolger:

Da ist die SPD, da sind dUH-Nachfolger und da sind auch noch andere, die es „weiterhin“ gibt: „CDU, Bürgeraktion, FDP und Grüne sind im Stadtrat ebenfalls vertreten.“ Hinzufügen könnte man: bei der Kommunalwahl 2009 in den Rat gewählt.

Das große „Aber“ und „Weiterhin“. Original-Ton Fritz Ressle? Oder ist das der mitfühlende Journalismus, mit dem die „RP“ auch noch die letzten kritischen, an Analyse und Zusammenhängen interessierten Leser verlieren wird? Das rechnet sich, wenn man Anzeigenkunden gewinnt.

Der Fritz „erinnert sich“ und die „RP“ gibt ihm dafür reichlich Raum, wie man in Ratingen den „scheinbar sattelfesten CDU-Bürgermeister aus dem Amt geblasen“ habe. Etwas „Ähnliches“ schwebe ihm auch für Hilden vor. Die Stadt kann sich also auf einen Orkan gefasst machen, geradezu auf einen Tornado. Der Fritz sollte ihn „Ralf“ taufen lassen.

Dass als Bürgermeisterkandidat nur EINER in Frage kommt, überrascht nicht.

Nachdem es mit dem Karnevalsprinzen nichts geworden ist, muss es die Bürgermeisterkandidatur sein. „Persönliche Eitelkeiten, wie sie seit Jahren im Hildener Stadtrat gepflegt worden seien, hätten bei diesem Ziel definitiv zurückzustehen“, referiert die „RP“ die Dienstanweisung des „Urgesteins“.

Will heißen: Entweder wird die Bescheidenheit und Dezenz in Person – Ralf Bommermann – Bürgermeisterkandidat der dUH-Nachfolger oder Ressle dreht den Geldhahn zu. „Er strebe keinerlei Ämter in der Allianz an, werde einfaches Mitglied bleiben, kündigt er an.“

Soviel Bescheidenheit rührt. Ressle ist es egal, wer unter ihm Bürgermeisterkandidat und Fraktionschef ist. Fritz dreht den Geldhahn wieder zu, wenn ihm die Richtung nicht passt.

Die einzige Frage der „RP“, der man so etwas wie den Willen zur Aufklärung hätte entnehmen können, war die nach den Kosten für die Plakataktion der „Alliierten“. Die Antwort Ressles blieb alles schuldig, und die „RP“ recherchierte nicht. „Mehr als tausend Euro werden es nicht werden“, so der Pate der „Alliierten“.

Für tausend Euro bekäme man gerade einmal zwei „Wesselmänner“ aufgestellt – ohne Plakat. Fritz Ressle führt die „RP“ hinter die Fichte, wenn er sich hier ahnungslos stellt. Und die „RP“ gibt sich damit zufrieden.

Dass die dUH-Nachfolgeorganisation sehen muss, „wie sie finanziell über die Runden kommt“, weil – so Ressle – „die Zeit der Parteispenden von Bürgern für ‚ihre‘ Ratsvertreter (…) vorbei sei“, überrascht.

Offensichtlich scheint der Bevölkerung eine Einigungs- und Erneuerungsbewegung aus Wendehälsen, Polit-Rambos und Fahnenflüchtigen gerade noch gefehlt zu haben. Da bleibt die Brieftasche zu.

Dass in der Politik wie im Lokaljournalismus nur gilt, was bare Zahlung verspricht, glauben beide – der Fritz und die RP. Das passt..

Lesen Sie auch:
„Wir wollen den Bürgermeister stellen“ (RP, 29. Oktober 2013)
„Don Frederico“ (hildenBLOG, 12. August 2013)