Sozialpolitischer Offenbarungseid

Öffentlich geförderter Wohnraum in Hilden

Trotz ungebrochener Bauwut ist der Neubau von öffentlich geförderten preiswerten Mietwohnungen in Hilden zum Erliegen gekommen. Jahr für Jahr fallen im Durschnitt mehr als 100 Wohnungen aus der Belegungs- und Mietpreisbindung, 2006 waren es sogar 585.

Zwischen 2002 und 2012, unter der SPD-geführten Stadtverwaltung, ist die Zahl der Sozialwohnungen von 2.911 auf nur noch 1.511 Wohnungen gesunken.

Am Mischpult saßen und sitzen Sozialdemokraten, die den Verlust von 1.400 öffentlich geförderten Wohnungen jahrelang tatenlos hingenommen hatten. Auch und gerade als Aufsichtsratsvorsitzende der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Hilden.

Nur einmal waren sie wach geworden und hatten ihr sozialpolitisches Herz ins Schaufenster gehängt: Als es darum ging, am „Alten Helmholtz“ der Bauwünsche einiger Anwohner durchzudrücken, wurde dieses Ansinnen mit der fadenscheinigen Begründung verbunden, dort könnte man das Projekt „Mehrgenerationenhaus“ des Vereins „MÖWE e.V.“ realisieren.

Das wohnungsbaupolitische Selbstverständnis der Hildener SPD hatte Bürgermeister Horst Thiele in unnachahmlicher Weise auf den Punkt gebracht:

„Dass wir das genehmigen, was die Bauherren wollen, wird eigentlich von uns erwartet.(RP, 24.06.2009)

Dass die RP weder dieses Zitat noch die politischen Entscheidungen der SPD-geführten Ratsmehrheit in irgendeine Beziehung zueinander setzt und dabei kritisch zwischen Ursache und der beklagenswerten Wirkung vergleicht, ist mittlerweile normal geworden in Hilden.

Dafür darf dann einer der Hauptverantwortlichen für den beispiellosen Niedergang des öffentlich geförderten Wohnungsbaus in Hilden, der langjährige SPD-Fraktionschef, Dr. Göbel-Zauberlehrling und als Politretter mit einem Zubrot versorgte Jürgen Scholz in der „RP“ von heute einen „sozialpolitischen Kompromiss“ feiern, den er und andere einer behinderten Mieterin verweigert hatten.

Am 16. März 2011 schrieb die „RP-Hilden“, unter der Überschrift: „Zum Duschen ins Hallenbad“, unter anderem:

„Eine gehbehinderte 81-Jährige Mieterin kann ihre Badewanne nicht mehr allein benutzen. Die städtische Wohnungsbaugesellschaft WGH fordert für Einbau einer Dusche 1000 Euro Rückbaukosten.

Die Stadtverwaltung, mit dem Sozialdemokraten Horst Thiele an der Spitze, wiesen im etwas holprigen Deutsch „auf die Folgewirkungen eines Beschlusses (…) und damit die Gefahr eines teuren Präzedenzfalles für die Stadt Hilden hin.“ Die Stadtverwaltung, mit dem SPD-Mann, Bürger-Bürgermeister Horst Thiele, empfahl „dem Antrag nicht zuzustimmen.“

Ein Blick ins eigene Archiv, bevor man den vom Rathaus inspirierten Artikel freigibt, könnte nicht nur bei der „RP“ nicht schaden, zumal dann, wenn man mit einem  der Mitverantwortlichen für diese empörende Behandlung einer gehbehinderten städtischen Mieterin spricht: Jürgen Scholz (SPD).

Zurzeit ist die SPD dabei, das eigene sozialpolitische Versagen, das hündische Anschmiegen an Investoren- und Bauherren-Wünsche durch verbale Bekenntnisse zum öffentlich geförderten Wohnungsbau vergessen zu machen.

Jetzt singt die SPD das „Hohe Lied der größtmöglichen Verdichtung“, sprich: Wenn ein Investor möglichst viele Wohnungen bauen und verkaufen kann, dann kann man auch noch ein paar „Sozialwohnungen“ draufpacken, bei denen der Reibach nicht zu groß ist. Also: Je mehr Wohnungen, desto sozialer.

Die SPD und die Grünen waren ja sogar bereit, „Kinderreiche“ als Schallschutz-Riegel an eine Eisenbahn-Linie zu verfrachten.

Das Herz der SPD und des Rathause schlug stets für die Mitarbeiter im Rathaus. Denen wollten die Genossen bis zuletzt den Erwerb von Wohnungseigentum durch eine zusätzliche freiwillige Leistung (Zinszuschüsse) erleichtern.

Damals, im Dezember 2009, hatte die Stadtverwaltung das Festhalten an dieser Privilegierung der städtischen Mitarbeiter in einer Sitzungsvorlage so begründet:

„Es sei zu berücksichtigen, dass der Erwerb von Wohneigentum in der Stadt Hilden vergleichsweise teuer ist.“

Dafür standen 2009 im Haushalt rd. 92.000 Euro zur Verfügung.

Gefördert wurden bis 2010 städtische Mitarbeiter, deren Gesamteinkommen die maßgebliche Einkommensgrenze der Wohnungsbauförderungsbestimmungen um bis zu 40 % überschreitet. Zinszuschüsse laufen maximal zehn Jahre und werden auch heute noch 15 Mitarbeitern gewährt.

SPD-Multifunktionärin Alkenings plädierte dafür, diese Regelung beizubehalten, (…) „weil immer häufiger beklagt werde, dass immer weniger Mitarbeiter der Stadt Hilden nicht in Hilden wohnten.

Und wer kümmert sich um die nicht im Rathaus beschäftigte Menschheit?