Kandidaten der „Bürgeraktion“: Eine fehlt

Ein Katalog für Büromöbel

Hildens älteste Wählergemeinschaft hat sich unter Ludger Reffgen entschlossen, realpolitisch zu testen, wo die Grenze der Zumutbarkeit verläuft: Wieviel Veränderung nehmen Wähler/innen aus dem eigenen politischen Lager hin? Wann machen sie ihr Kreuz bei der politischen Konkurrenz?

Man will sich offensichtlich neu erfinden. Zuerst wurde das Logo abgeschafft, dann die Farbigkeit durch Büßerfarben ersetzt, anschließend wurde der neue Schriftzug in lebensfrohem Lila durch Spiegelung garantiert unleserlich gemacht. Und jetzt sind die Plakate so gestaltet, als gelte es, einen protestantischen Kirchentag anzukündigen.

Das würde zu den Beteiligten passen, die sich zwecks Sicherung ihrer Pfründe (aus einem weltlichen Amt) zusammengeschlossen haben. Es geht um mindestens einen Arbeitsplatz. Es geht um die Aufwandsentschädigung für Ratsmandate. Es geht um Geld. Um Geld, das man nicht mehr hat, weil es für Schnickschnack verpulvert worden ist.

Man hat die Reihen geschlossen – gegen die Ketzer, gegen die Ungläubigen, gegen die Zweifler am Kurs auf die Sandbank. Man wähnt sich auf der besseren Seite, von guten Mächten treu und still umgeben. Man ist einfach nur ein guter Mensch, der das Gute will.

Statt „100 % Hilden“ heißt es endlich 100 % Ludger Reffgen.

Aber weil dieser nicht in allen 22 Wahlkreisen antreten kann, hat die blockentkernte „Bürgeraktion“ händeringend nach 21 Personen gesucht, die sie als Wahlkreisbewerber ins Rennen schicken könnte, um als Platzhalter zur Pfründesicherung beizutragen.

Und dabei haben diese Menschenfischer erstaunliche „Fänge“ gemacht, die in einer Broschüre unter dem Titel „Vakant“ den Anspruch der BA, eine „Leichte Sprache“ zu verwenden, schnell vergessen lassen.

Herausgekommen ist eine Broschüre, in der die BA ihre „Gesichter für die Wahlkreise zur Kommunalwahl 2014“ vorstellt. Auf 26 Seiten blickt der Betrachter auf ein Möbelstück, einen Bürostuhl. (Gewiss denkt niemand dabei an „Schreibtischtäter“.)

Das einzig Abwechslungsreiche stellen die Kandidaten dar, von denen wir nicht mehr erfahren als ihre Klarnamen. Angaben zur Person, zum Wahllokal, zu politischen Zielen oder zur bisherigen politischen Tätigkeit fehlen. Inhalte kommen offenbar später…

Dafür entschädigt ein Blick auf die abgebildeten Kandidatinnen und Kandidaten, die sich alle mehr oder weniger deutlich von dem Bürostuhl unterscheiden. Manchen gelingt das wirklich perfekt und man schaut in viele Gesichter, die Jugendfrische und Zuversicht ausstrahlen.

Man begegnet auch politischen Newcomern wie der Mitarbeiterin der mit dieser genialen Wahlkampagne beauftragten Werbeagentur, die sich gewiss gegen andere, ebenso kompetente Mitbewerber durchsetzen musste. (Diese Leihgabe sorgt für einen kurzen Dienstweg und gleicht so die lange Leitung der Nr. 1 aus.)

Etwas ganz besonders Pfiffiges hat die BA sich für den Wahlkreis 3100 (Wahllokal Gerresheimer Straße 20 b) ausgedacht: Dort kandidiert niemand! Dort tritt ein Bürostuhl an. Nur der ist zu sehen. Ja, wie subversiv und „pretty vacant“ ist das denn?

Schaut man genauer hin, dann entdeckt man, dass der Bürostuhl einen Namen hat. Den wollen wir hier aber nicht preisgeben. Das bleibt vertrauliches Geheimnis. Wer für ein öffentliches Amt kandidiert, hat ein Recht darauf, anonym zu bleiben.

Selbst diese Kandidatin hatte sich vor ihrer Nominierung gewiss als Profilierteste unter einer ganzen Schar von engagierten Mitbewerbern durchsetzen müssen. Diese BA hat immer noch einen hohen Qualitätsanspruch. Die nimmt nicht jede/n!

 „Natürlich wird sich das Leben in Hilden weiter drehen“, lässt die BA stammelnd schreiben. Ja, so möchte man ausrufen, wenn das Leben sich dreht, dann geht die Erde bestimmt weiter!