Vor 15 Jahren gegründet: „Bürgeraktion Hilden“

Absage an Jagd auf Pöstchen – Ein Blick zurück

Am 6. Mai 1999, trafen sich um 19.30 Uhr in der Caféteria des Bürgerhauses an der Mittelstraße in Hilden zahlreiche Bürgerinnen und Bürger der Stadt und gründeten eine Wählervereinigung.

Die Gründungsversammlung wurde durch eine Rede von Brigitte Thiemann im Namen des Vorbereitungsteams eröffnet.

hildenBLOG veröffentlicht dieses kommunalpolitische Dokument umgekürzt:

 Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren, liebe Bürgerinnen und Bürger,

im Namen des Vorbereitungsteams für die heutige Veranstaltung begrüße ich Sie sehr herz­lich.

Wenn man fünf Monate vor der Kommunalwahl eine neue Wählervereinigung gründen will, macht man sich zwangsläufig nicht bei allen beliebt. Bestehende Parteien und Gruppierungen fürchten die Konkurrenz um Wählerstimmen, andere Stimmen warnen vor dem Scheitern der Versuchs. Gute, wohlmeinende Ratschläge sind ebenso zu hören, wie auch solche, bei denen man am Wahrheitsgehalt und dem damit verbundenen scheinbaren Interesse zweifeln muß.

Viele, die heute Abend hier sind, haben eine langjährige Parteimitgliedschaft durchlebt, an­dere sind oder waren Ratsmitglieder. Sogar bislang politisch nicht aktive Menschen empfin­den die Notwendigkeit, neue Wege zu gehen.

Auch ich gehöre zu jenen, die vor Jahren bereits einmal versucht haben, sich in einer Partei zu engagieren. Ich lernte jedoch sehr schnell, daß Menschen mit neuen Ideen für die alteingeses­senen Parteimitglieder offenbar gefährlich sind und deshalb schnell mundtot gemacht werden.

„Nie mehr Politik!“ lautete seit jenen Tagen mein Grundsatz, dem ich, wie Sie feststellen können, jetzt untreu geworden bin.

Wir alle, die die Vorbereitungsarbeit geleistet haben, könnten unsere Freizeit gewiß auch an­ders gestalten und doch rufen wir hier und heute zur Gründung einer Wählervereinigung auf.

Warum eine neue Wählervereinigung? Ich will versuchen, hierauf so kurz wie möglich, aber doch deutlich, eine Antwort zu geben.

Zunächst ein Blick zurück!

Nach der Kommunalwahl 1994 haben viele Hildener die Hoffnung gehabt, daß sich an der wilden Baupolitik etwas ändert. Eine Kurskorrektur unter Rot-Grün schien möglich. Siche­rung von Freiflächen, eine behutsamere Stadtentwicklung wurden versprochen. „Die Bürger sollen merken, daß sich in der Politik etwas ändert!“, so der Originalton nach der Wahl, ver­kündet in der Lokalpresse.

Die Wahrscheinlichkeit der Durchführung war groß, da auch die jetzt nach 25 Jahren erstmals wieder in der Opposition sitzende CDU die Erhaltung des Grün­gürtels um die Stadt wollte. 1992 hatte sie mit den Grünen die Auftragsvergabe für ein Sied­lungsdichtegutachten beschlossen.


Viereinhalb Jahre sind ins Land gegangen. Es hat sich sogar etwas geändert, jedoch unserer und der Meinung vieler Hildener nach, nicht zum Positiven. Deutlich gesagt: Es ist alles nur noch schneller schlimmer geworden!

Meine Damen, meine Herren, gestatten Sie mir kurz einige erschreckende Beispiele der „Bauwut ohne Grenzen“ zu erwähnen:

  • Neubau Klotzstraße auf einer bekannten Altlast; Märchenschloßarchitektur in der Marie-Colinet Straße, Overbergstraße, Steinauer Straße;
  • geplanter Glasturm Ecke Berliner Straße/Am Rathaus – immerhin bekommt die Musikschule vielleicht einen Vorspielraum darin.
  • Die Giesenheide soll Gewerbegebiet werden.
  • Noch immer ist der Gedanke nicht aufgegeben, an der Eisenbahnlinie in Karnap 300 Wohneinheiten zu errichten. Der Bauminister des Landes Nordrhein-West­falen hat es bisher verhindert durch die richtige Entscheidung, die Mittel für die unverantwortlich teure Erschließung zu versagen.
  • Die Therme im Hildener Westen für mal gerade 45 Millionen Mark spukt aktuell wieder in den Köpfen von Rat und Verwaltung.
  • Am Weidenweg soll mitten im Wohngebiet, allerdings – nebenbei erwähnt! – auf einer alten Mülldeponie aus den 60er Jahren, ein Jugendzentrum errichtet wer­den. Der Anwohnerprotest dagegen wurde von Bürgermeister Günter Scheib zum Gruppenegoismus erklärt.

Es zeigt sich an all diesen Beispielen ganz deutlich, daß die Baupolitik in Hilden Erfüllungs­gehilfe von fragwürdigen Investoren geworden ist.

Viele Hildener glaubten, mit der rot-grünen Ratsmehrheit würde die Kontrollfunktion, die der Stadtrat gegenüber der Verwaltung auszuüben hat, wieder eingeführt. Wir alle wurden eines Besseren belehrt.

Die endlose Geschichte um die Genehmigung der Garagen an der Augustastraße, das naive Eingeständnis einiger Ratsmitglieder, hier geschlafen zu haben, schaffen solche Fehlentschei­dungen nicht aus der Welt.

Wir finden es an der Zeit, den Hildener Stadtrat wieder mit Menschen zu besetzen, die Ver­antwortung ernstnehmen und bereit sind, die Verwaltung in der Ausführung des Bürgerwil­lens zu kontrollieren.

Sehr verehrte Damen, sehr geehrte Herren, wir wären heute Abend hier nicht zusammenge­kommen, wenn es nicht einige Menschen in den bestehenden Parteien gegeben hätte, die bei der Methode „Augen zu und durch!“ nicht mehr länger mitmachen wollten.

Bei der FDP setzte diese Krise bereits 1994 ein, die CDU und die Grünen erlebten sie Anfang 1999. – Ich denke, der SPD steht dies noch bevor.

Ein Teil der aus der CDU ausgetretenen Ratsmitglieder organisierte sich schnell zur Christ­lich-Sozialen Fraktion und vertritt mutig die Rolle der Opposition.

Was über diese Menschen, die sich die Parteiaustritte aus Gewissensentscheidung nicht leicht gemacht haben, verbreitet wurde, grenzt an Verleumdung und üble Nachrede.

In der Hildener Kommunalpolitik scheint es bisher ein ungeschriebenes Gesetz zu geben: Wer nicht mitmacht im Poker um Posten, Pöstchen und Pfründe, der wird ausgegrenzt und mundtot gemacht.

Es wäre deshalb zu einfach, die Konflikte in der CDU und bei den Grünen nur auf gekränkte Eitelkeit oder mangelnde Charakterfestigkeit zurückzuführen.

In diesen beiden Parteien regte sich der Widerstand gegen den Ausverkauf unserer Stadt.

Sehen wir uns um in Hilden!

Unsere Stadt verliert allmählich ihr typisches mittelstädtisches Gesicht. Gleichförmige Galerien mit Schicki-Micki-Läden, die schließlich von Billig- und Ramsch-Läden übernommen werden, stören inzwischen das Stadtbild.

Immer mehr Bürger versuchen, sich zu Gruppen zusammenzufinden und gegen diese Politik zu halten. Viele Hildener haben inzwischen begriffen, daß es so nicht weitergehen kann, und sie melden sich lautstark und mutig zu Wort.

Meine Damen, meine Herren, genau darum schlagen wir vor, hier und heute eine neue Wäh­lervereinigung zu gründen, die sich deutlich in ihrer Struktur von den üblichen Parteien ab­hebt.


Wir meinen, daß eine Wählervereinigung aus christlich-sozialen, liberalen und parteipo­litisch nicht festgelegten Menschen ein Schritt in die richtige Richtung ist.

Es werden Menschen mitarbeiten, denen an der Sache mehr gelegen ist, als an der Jagd nach Posten.

Mit dem Aufruf an Sie alle möchte ich meine Rede beschließen: Unterstützen Sie uns durch Ihren Beitritt! – Unterstützen Sie uns durch Ihre tatkräftige Mitarbeit!

Der Vorschlag, die Vereinigung „Bürger­bündnis für Hilden“ zu nennen, wurde mit Mehrheit abgelehnt. Ohne Gegenstimmen wurde beschlossen, der Vereinigung den Namen „Bürgeraktion Hilden“ zu geben.

24 Anwesende erklärten anschließend durch ihre Unterschrift unter die Satzung ihren Beitrag zur neu gegründeten Wählergemeinschaft.

Sie wurden damit die Mitbegründern der „Bürgeraktion Hilden“, die „im Herbst 1999 erstmals in den Hildener Stadtrat einzog und sich dauerhaft als antigouvernemental gestimmte Kraft in der Hildener Kommunalpolitik etablierte.“ (Die Geschichte der SPD Hilden 1969 – 2013, S. 76.)

Dieses Politologen-Chinesisch drückt aus, dass es der BA erfolgreich gelungen war, sich nicht vereinnahmen zu lassen. 1999 hätte man das als Lob aufgefasst. 2014 ist alles anders:

Seitdem die BA ihr Schwergewicht von den politischen Inhalten auf Personen verlagert hat, ist Besitzstandswahrung angesagt: Geschäftsstelle, Sekretärin und Fraktionsvorsitz. Bezahlt aus der Stadtkasse.

2014 tritt die BA mit einem Bürostuhl zur Kommunalwahl an. Das war es dann auch.

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Erste Pressemitteilung der BA
Leitsaetze_1999