Rosa-grünes Projekt „Giesenheide”

Ein Blick zurück

Das Siedlungsdichte-Gutachten von 1997 (eine aktuelle Fassung gibt es nicht; Stichwort: „Wille zur Dummheit“) hatte einen jährlichen Bedarf an Gewerbegrundstücken von 3 ha unterstellt, der auf den Angaben des Amtes für Wirtschaftsförderung und Liegenschaften der Stadt Hilden basierte.

Die Stadtverwaltung hatte 1995 behauptet, pro Jahr würden 2,5 ha Gewerbefläche benötigt. (Da „nur“ 14 ha der „Giesenheide“ in Gewerbeflächen umgewandelt werden sollten, wäre das Gewerbegebiet schon nach fünfeinhalb Jahren „dicht“ gewesen…)

Kurz vor Jahresende 1995 hatte die rosa-grüne Ratsmehrheit das zweite ihrer großen Projekte begonnen:

Nachdem sie mitgeholfenen hatte, hunderte Sozialwohnungen durch Verkauf an eine Nachfolge-Gesellschaft der „IG Farben i.L.“ (eine Tochtergesellschaft hatte „Zyklon B“ hergestellt…), zu privatisieren und deren Mieter/innen dem „freien Markt“ auszusetzen, kam die Zerstörung der „Giesenheide“ als Naherholungsgebiet auf die Tagesordnung.

Bis zu 2.000 Arbeitsplätze sollten dort entstehen. So hatte es nicht nur der damalige SPD-Fraktionschef Scholz versprochen. So plapperten es auch seine grünen Papageien nach. Angeblich suchten vor allem Hildener Unternehmen dringend nach Erweiterungsflächen.

Im Herbst 2007, knapp sechs Jahre nach Rechtskraft des Bebauungsplans, hatte sich jedoch erst eine Firma in der Giesenheide angesiedelt.

Angesichts fehlender Nachfrage lokaler Unternehmen hatte die Stadt ihre Wirtschaftsförderung damals „Calliston“ überlassen: Innerhalb von sechs Jahren sollten große Bereiche der „Giesenheide“ in Büroflächen umgewandelt werden. Und das Rathaus wollte dabei die Hände in den Schoß legen und zuschauen.

Daraus wurde nichts.

Später hieß es, die Stadt hätte rd. 25% der 1,33 ha von „Goodman“, vormals „Calliston“ zurückgekauft habe und dabei auch noch auf wundersame Weise „Kapital gezogen“. Lediglich bei „einem Teil der Fläche“ – waren es die restlichen 75%? – wäre der Kaufvertrag „nicht vollzogen“ worden, ja die Stadt hätte „die Fläche“ zurückgenommen.

Die Stadt kaufte also einem „Vertragspartner“ ein Viertel der Flächen aus einem Gesamtpaket von 1,33 ha ab, obwohl der Vertrag angeblich „nicht vollzogen” worden war. Auf welcher Rechtsgrundlage floss damals städtisches Geld? – Ratsmitglieder, die so etwas interessiert, gibt es längst nicht mehr.

Das erwartete und erwartbare Scheitern der externen Vermarktung der Giesenheide durch „Calliston“ bzw. später „Goodman“ verwies ja auf ein tiefer liegendes Problem:

Der von der damaligen rosa-grünen Ratsmehrheit eingeleiteten Umwandlung der „Giesenheide“ in ein Gewerbegebiet hatte ein Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozess des Rates zu Grunde gelegen, der schon damals völlig unrealistisch gewesen war.

Jahr für Jahr, meistens pünktlich zum Ferienbeginn, um das Sommerloch zu füllen, ließ die Stadt dann über Lokalpresse hoffnungsfrohe Nachrichten über den Boom in der „Giesenheide“ verbreiten (siehe unten), denen kaum positive Taten folgen. Die Rathaus-SPD schaute interessiert zu, tat aber nichts.

Im „Gewerbepark Nord“ sollten einmal pro 1.000 Quadratmeter mindestens 15 Arbeitsplätze entstehen. Seit Rechtskraft des Bebauungsplans „Giesenheide“ hat die Stadt erst wenige Grundstücke. Zwei Drittel der 150.000 Quadratmeter sind noch frei.

Es bedurfte einer Initiative von CDU und der angeblich so nihilistischen „Bürgeraktion“, um Bewegung in die Sache zu bringen. Am Beginn stand 2010 ein gemeinsamer Antrag:

Die ab 1995 mit dem Bebauungsplan 232 verfolgten „(…) Ziele, vor allem den unter starkem Expansionsdruck stehenden Hildener Gewerbebetrieben nahe dem Autobahnkreuz in großzügiger Form Flächen anbieten zu können, haben sich im vergangenen Jahrzehnt nur sehr zäh und äußerst bedingt realisieren lassen. Auch die Strategie, mit Hilfe eines Projektentwicklers auswärtige Firmen dort anzusiedeln, ist nicht aufgegangen.

Die Gründe dafür dürften sowohl in einem im Laufe der neunziger Jahre zu euphorisch bewerteten Nachfragedruck als auch in der problematischen allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung zu suchen sein.

Vor diesem Hintergrund erscheint es an der Zeit, das Flächennutzungskonzept zu überdenken und dabei auch aktuelle Problemfelder wie die demographische Entwicklung und das Freizeitverhalten insbesondere junger Menschen einzubeziehen.“

Dieses Zitat stammt aus der Begründung eines im Oktober 2009 von der „Bürgeraktion“ und der CDU gemeinsam vorgelegten Antrags, auf dessen Grundlage der Rat im März 2010 einstimmig beschloss, die Vermarktung des Gewerbegebietes Giesenheide mit einem Maßnahmenpaket voranzutreiben.

Dieses sieht unter anderem vor, verstärkt kleinere und mittlere Unternehmen anzusiedeln. Ansiedlungswillige Unternehmen müssen nun nicht mehr durchschnittlich 15, sondern mindestens 10 Arbeitsplätze pro 1.000 qm Gewerbefläche schaffen.

Darüber, wer beantragt hatte, die Ansiedlungskriterien flexibler zu gestalten, sodass die Stadt jetzt mit der Ansiedlung eines Hotels hausieren gehen kann, haben weder Rathaus noch Lokalpresse ein Wort verloren, und die hat sowieso nicht recherchiert.

Dieser Beschluss, der dem Beigeordneten Danscheidt jetzt erneut Gelegenheit bietet, ein Ansiedlungsprojekt („Hotel für Geschäftsleute“) anzukündigen, ist offenbar vom Himmel gefallen.

Und im Windschatten will ein Unternehmen, das Schaltnetzteile vertreibt und mit einem eher schlichten Internetauftritt für sich wirbt, aus einer „Halle 4“ in Neuss nach Hilden ziehen.

Es geht also endlich voran!

Lesen Sie auch:

 „Ansiedlungserfolg der Wirtschaftsförderung für Hilden“ (hildenBLOG, 4. November 2013)

 „Giesenheide: Baumarkt geplant“ (RP, 1. September 2012)

„Gewerbegebiet Giesenheide“ (RP, 29. Juni 2011)

 „Hilden verliert 100 Arbeitsplätze“ (hildenNET, 27. März 2011)

„Füllung für das Gewerbegebiet“ (WZ, 7. Februar 2011)

 „Hilden: Zuwachs auf der Giesenheide“ (WZ, 28. Juni 2008)

 „Giesenheide: Calliston ist noch allein auf der grünen Wiese“ (WZ, 14. August 2007)