Ankunft im Jammertal

Bürgeraktion macht Urlaub von der Politik

Bei anderen kann es der „Bürgeraktion“ nicht doll genug zugehen: Die Kapitulation der widerständigen Grundstückseigentümer an der Hoffeldstraße vor der normativen Kraft des Faktischen wurde von der einstmals mutigen BA noch mit großen Worten bedauert.

Doch der „Weg ins flache Jammertal der Realität“, den die BA rhetorisch diskreditieren wollte, ist für sie längst politischer Alltag geworden.

Seitdem auch die letzten kritischen Köpfe der BA den Rücken gekehrt haben, regiert dort der nämlich der blanke Opportunismus.

Davon zeugt nicht nur die inhaltlich dünne, völlig unverbindliche Vereinbarung mit der CDU, auf deren Grundlage die BA eine späte Wahlempfehlung für Marion Buschmann ausgesprochen hatte, sondern auch das Abstimmungsverhalten.

Beispielsweise im Stadtentwicklungsausschuss am 10. September 2014.

Dort stimmte die BA dem Erschließungsvertrag für Grundstücke zwischen Steinauer Straße und Meide (rd. 11.100 Quadratmeter) zu. Dort will eine „Meide GmbH“, deren Geschäftsführer bisher nur als Experte in Sachen Glückspielautomaten aufgefallen ist, die erworbene Grundstücksfläche aufteilen und anschließend verkaufen.

Zwar gibt es dort seit 48 Jahren einen rechtsgültigen Bebauungsplan, aber ein Bauvorhaben dort ist nur zulässig, wenn auch die Erschließung gesichert ist (Anschluss an das öffentliche Wegenetz, Anbindung an die Versorgung mit Wasser und Energie sowie eine Entsorgung des Abwassers.)

Die Stadt, die ach so reiche Stadt Hilden, die demnächst mindestens 1,6 Mio. EUR am Sportplatz Weidenweg verbuddeln und dabei noch nicht abgeschriebene städtische Gebäude (und Werte) vernichten wird, hat für die Herstellung der Straßen-, Kanal- und Grünanlagen im Bereich des Bebauungsplans 62 in ihrer Finanzplanung keinen Cent ausgewiesen.

Die Erschließung ist aber grundsätzlich eine kommunale Aufgabe. Die Planungs-, Erschließungs- und Finanzierungshoheit der Gemeinde ist sogar verfassungsrechtlich garantiert (Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG).

Geld hat unsere Stadt. Das wird ja immer wieder betont, vor allem von denen, die Mehrzweckhallen und Tribünen für wichtiger halten als funktionierende Abwasserkanäle und kommunale Straßen. Warum fehlt dann das Geld für die Erschließung des Bebauungsplanes 62?

Könnte es sein, dass selbst unser bauwütiges Rathaus andere Bauvorhaben für wichtiger hält als die Erschließung des Hintergeländes zwischen „Meide“ und „Steinauer“ Straße?

Und da kommt die BA und versteht sich offenbar als Lokomotive zur Herbeiführung weiterer Verdichtung in Hilden, zur weiteren Versiegelung durch Hinterlandbebauung. (Der Realo-Flügel wollte ja schon am „Alten Helmholtz“ weiter versiegeln.)

Seitdem auch die letzten kritischen Köpfe der BA den Rücken gekehrt haben, wird dort alles über Bord geworfen, was einmal das Alleinstellungsmerkmal dieser Wählergemeinschaft ausgemacht

Jetzt verhilft man einer Planung zur Mehrheit, die nicht einmal die Bäume schützt, die auf dem Gelände seit 1962 gewachsen sind. Darauf hat Planungsamtsleiter Peter Stuhlträger hingewiesen.

Jetzt verhilft man einem „Unternehmererschließungsvertrag“ zur Mehrheit, in dem die Stadt keine gestalterischen und ökologischen Ziele verfolgt. Ebenso fehlen vertragliche Bindungen, wie z. B, die Verpflichtung, einen bestimmten Anteil der Wohnungen im Standard und mit Mitteln des sozialen Wohnungsbaus zu errichten.

Jetzt entlässt man die Stadt aus ihrer kommunalen Aufgabe, für die Erschließung eines Baugebiets zu sorgen.

Und jetzt eröffnet man durch ein Ja zur Privatisierung der Erschließung eines Baugebiets die Möglichkeit, Ausschreibungen außerhalb des Vergaberechts vorzunehmen. Auch so kann das Tariftreuegesetz ausgehebelt und der Einsatz schlecht bezahlter Arbeitskräfte befördert werden.

Das geht selbstverständlich nicht auf Kosten der Qualität…

Nur die Grünen haben dabei nicht mitgemacht.

Auch die BA ist längst im Jammertal angekommen. Die bleiernen Hinterteile ihres Führungspersonals haben diese rasende Abfahrt beschleunigt.

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