„Marktpreise wohl erheblich angestiegen…“

Kostenexplosion für Kanalsanierung Gluckstraße

Die Sanierung des Regenwasserkanals in der Gluckstraße wurde bereits im Februar 2013 vom Haupt- und Finanzausschusses beschlossen. Geschätzte Gesamtkosten damals: 605.000 EUR, davon reine Baukosten rd. 550.000 EUR.

Die Sanierungsbedürftigkeit der Regenwasserkanäle in der Gluckstraße war mindestens seit April 2011 bekannt. Damals hatte der Rat den „Gebietsentwässerungsplan“ beschlossen.

Die Sanierung war schon in dem vom Rat beschlossenen und der Bezirksregierung zur Genehmigung vorgelegten Abwasserbeseitigungskonzept für 2013/2014 enthalten.

Doch zwei Jahre lang geschah nichts. Dem Zustand der Regenwasserkanäle tat das nicht gut.

Der Haupt- und Finanzausschuss beschloss dann – wie bereits oben erwähnt – unter Berücksichtigung der bereits 2012 bereitgestellten Mittel für Planungskosten in Höhe von 55.000 EUR, für Baukosten 300.000 EUR im Haushalt 2013 und 250.000 EUR im Haushalt 2014 zu bewilligen.

Im Haushaltsentwurf 2012 hatte das Rathaus für die Regenwasserkanalsanierung Gluckstraße noch insgesamt 450.000 EUR für ausreichend gehalten, die 2013 hätten bereitgestellt werden sollen.

Saniert wurde seit dem zustimmenden, einstimmigen Beschluss des Haupt- und Finanzausschusses vom Februar 2013 nicht; insgesamt 550.000 EUR lagen bereit, wurden aber nicht abgerufen. Die Sanierungsmaßnahme wurde nämlich erst in diesem Jahr, im März, ausgeschrieben.

Zweieinhalb Jahre nach Mittelbewilligung und -freigabe möchte die Stadtverwaltung vom Rat die Zustimmung zu einer Kostenerhöhung um 100.000 EUR, verbunden mit einer Freigabe der Mittel vor Rechtskraft des Haushalts 2015. Für die Realisierung der bereits 2013 beauftragten Baumaßnahme sei „eine Erhöhung des Kostenrahmens erforderlich.“

Und weiter:

„Einsparmöglichkeiten sind nicht vorhanden, da das technisch erforderliche Bauprogramm nicht reduziert werden kann.“

Politische Erpressung der Ratsmitglieder durch das Rathaus? Aber nein, ein reiner Sachzwang!

Die Ausschreibung im März 2014 ergab als günstigstes Angebot 610.000 EUR. Der zweitgünstigste Anbieter lag bei 635.000 EUR – veranschlagt hatten die Profis im Rathaus nach einem Jahr Wartezeit jedoch einen Kostenrahmen von 550.000 EUR.

Das war guter Rat teuer. Und was machte das Rathaus? Es hob die Ausschreibung auf – „wegen Überschreitung des Kostenrahmens“.

Das günstigste Angebot lag mit 610.000 EUR (und der zweitgünstigste Anbieter mit 635.000 EUR) weit über den veranschlagten Kosten in Höhe von 550.000 EUR.

Die Ausschreibung wurde „daraufhin“ – wann genau, teilt das Rathaus nicht mit –aufgehoben. 

Ein Vergleich der angebotenen Einheitspreise mit den von den Experten im Rathaus veranschlagten Einheitspreisen habe „eine signifikante Diskrepanz allein bei den Rohrverlegungsarbeiten in Höhe von ca. 180.000 EUR (ergeben).“

Zur Begründung für diese Abweichung von der Kostenschätzung führt das Rathaus eine Vermutung an: „Hier sind wohl die Marktpreise im Vergleich zu den letzten Ausschreibungen erheblich angestiegen.“

Hat man von den Marktpreisen im Rathaus denn keine Ahnung (gehabt)? Wird der Markt etwa nicht beobachtet? Wie solide sind die Kostenschätzungen aus dem Baudezernat, auf deren Grundlage der Rat Finanzmittel in den Haushalt einstellt und freigibt?

Seit der Aufhebung der Ausschreibung ist die Sanierung der Regenwasserkanäle in der Gluckstraße jedenfalls wieder auf Eis gelegt, denn: „Eine neue Ausschreibung ist bisher nicht erfolgt.“

Man hat dem Rat stattdessen 1) die Information über die aufgehobene Ausschreibung vorenthalten und 2) erst Monate später mit einer neuen Kostenschätzung konfrontiert, aus der eine jetzt beantragte Kostenerhöhung um „nur noch“ 100.000 EUR folgt.

Damit die Ratsmitglieder keine kritischen Fragen stellen, verkündet das Rathaus das „Prinzip Hoffnung“ als absolute Gewissheit:

„Erfahrungsgemäß sind bei einer Ausschreibung, die zu Anfang eines Jahres veröffentlicht wird, aus Gründen eines verstärkten Wettbewerbs günstigere Preise zu erzielen.“

Erfahrungsgemäß ist die Erde eine Scheibe.

Tja, wenn man die Regenwasserkanalsanierung der Gluckstraße zum 1. Januar 2014 ausgeschrieben hätte, wären der Stadt ganz gewiss Mehrkosten erspart geblieben…!

Und damit jetzt alles doch noch viel billiger wird, hat die Stadtverwaltung es plötzlich plötzlich sehr eilig: Die Mehrausgaben von 100.000 EUR sollen auch ohne Beschluss der Ratsmitglieder zum Haushaltsentwurf 2015 abgenickt werden.

Sie werden nämlich im Haushaltsentwurf, den der Kämmerer am 17. Dezember 2014 im Rat einbringen wird, enthalten sein.

Und schon drei Jahre nach der erstmaligen Veranschlagung von Haushaltsmitteln für die Sanierung der Regenwasserkanäle in der Gluckstraße könnte es dann endlich losgehen.

Wen stört dann noch der kleine Schönheitsfehler, dass durch Abwarten und Fehleinschätzung der Marktpreise die Gesamtkosten von ursprünglich veranschlagten 450.000 EUR auf 705.000 EUR gestiegen sein werden?