Auch 2014 gilt:

Sozialdezernent mit „Dezemberfieber“

Im Rat wird am 17. Dezember 2014 ein Schauspiel aufgeführt, das wie der „Jedermann“ in Salzburg mit schöner Regelmäßigkeit auf die (politische) Bühne gebracht wird.

Beigeordneter Gatzke braucht mehr Geld vom Rat. Es geht um überplanmäßige Mehrausgaben in Höhe von 220.000 EUR. Diese sind entstanden für „Hilfen innerhalb und außerhalb von Familien“.

„Alle Jahre wieder“ – das gilt auch und gerade für dieses „Produkt“ der Stadtverwaltung.
Blicken wir zurück auf 2013:

Im Oktober wurde ein Mehraufwand in Höhe von 220.000 EUR angekündigt und vom Rat am 18. Dezember 2013 überplanmäßig bewilligt. (Laut Ratsniederschrift geschah dieses „einstimmig“, laut Ratsinformationssystem nur mehrheitlich: 34 Ja- gegen 9 Nein-Stimmen…

Im Geschäftsbereich des Beigeordneten Gatzke, in dem Synergie-Effekte beinahe täglich „greifen“ bzw. „gehoben“ werden und in dessen Fachämtern das Controlling nur so brummt, müssen alle Jahre wieder hohe sechsstellige Summen nachgeschossen werden.

Selbstverständlich fehlt nie ein Hinweis wie dieser: auf die „bereits eingeleiteten weiteren Optimierungsmaßnahmen (u.a. Präzisierung der Prognose, Laufzeitmodell, Ausbau der Ziel- und Wirkungsorientierung)“, garniert mit dem Trost spendenden Ankündigung, diese seien „fast vollständig umgesetzt, benötigen jedoch noch einige Zeit um ihre volle Wirkung zu entfalten.“ 

Papier ist geduldig, und die meisten Ratsmitglieder sind es auch.

Oder haben die Ratsfraktionen vergessen, dass sie in 2012 auf Vorschlag der Stadtverwaltung einer neuen Stelle zur „Steuerungsunterstützung“ zugestimmt hatten?

Diese war ihnen vom Rathaus als „Voraussetzung für einen nachhaltigen Konsolidierungsprozess“ schmackhaft gemacht worden.

2013 wurde dem Rat von der Stadtverwaltung die die Weisheit verkündet: „Die Entwicklungen sind letztlich nicht genau vorherzusagen.“ Ob zwischen „genau“ oder „annähernd“ bzw. „ungefähr“ wirklich Welten liegen?

Ist auch das alternativlos? Oder wird noch mehr „Steuerungsunterstützung“ benötigt?

Aber klar!

2013 wurde der Bereich der Hilfen zur Erziehung und Eingliederungshilfe wurde 2013 „zurzeit zusätzlichdurch die externe Beratungsfirma (…) auf weitere Optimierungsmöglichkeiten hin untersucht. Die ersten Ergebnisse werden für Anfang 2014 erwartet.“

Jetzt heißt es vertröstend:

„Die Umsetzung der Ergebnisse der INSO-Untersuchung läuft. In diesem Rahmen wird für den Bereich der Eingliederungshilfe eine Spezialisierung eingerichtet, um Knowhow zu bündeln und Steuerungsabläufe zu optimieren.

Auf Vorschlag der Stadtverwaltung war 2012 vom Rat beschlossen worden, die Hilfen zur Erziehung und Eingliederungshilfe in der Finanzplanung für 2013 um 150.000 EUR auf 6,26 Mio. EUR zu kürzen. Und 2014 und 2015 sollten jeweils 350.000 EUR eingespart werden. Ein Veto des Sozialdezernenten wurde nicht gehört.

Diesem Sparziel von 6,26 Mio. EUR steht in 2014 ein Haushaltsansatz von rd. 7,43 Mio. EUR gegenüber. Aufgrund der überplanmäßigen Mehrausgabe von 220.000 EUR werden in 2014 nunmehr rd. 7,65 Mio. EUR ausgegeben werden.

Das von den Experten im Rathaus formulierte Einsparziel ist bereits heute um rd. 1,4 Mio. EUR verfehlt worden.

Es ist völlig ausgeschlossen, den vom Kämmerer in der aktuellen Finanzplanung unterstellten Rückgang der Aufwendungen um rd. 160.000 EUR bis 2017 zu erwirtschaften!

Glaubt man dem Rathaus, dann liegt die erneute Abweichung zwischen Soll und Ist nicht an unrealistischen, schönfärberisch vorgetragenen Versprechungen oder unzureichenden Planungsgrundlagen.

Schuld daran haben „Umzüge von Sorgeberechtigten“ nach Hilden.

Wenn „Sorgeberechtigte“, also Menschen, nach Hilden umziehen, dann beantragt das bislang zuständige Jugendamt die Fallübernahme durch die Stadt ab dem Zeitpunkt des Umzugs.

Hat man in Hilden „intensiv geprüft“, also sehr zeitaufwändig, dann erstattet die Stadt dem bisher zuständigen Jugendamt die Kosten der Unterbringung ab dem Umzugszeitpunkt.

Weil die „Rechnungsstellung der abgebenden Kommune zeitverzögert erfolgt“, ist die Stadt rechtlich dazu verpflichtet, für die Erstattung der Kosten Rückstellungen zu bilden, die sich im Haushaltsplan wiederfinden müssen.

Doch genau das hat man unterlassen. Man hat die rechtliche Verpflichtung ignoriert, und zwar im „Hinblick auf die allgemeine Finanzsituation der Stadt Hilden“.

Die ist offensichtlich viel schlechter als die SPD-geführte Stadtverwaltung bis zur Kommunalwahl behauptet hatte.

 

Und entschuldigend wird hinzugefügt, die Umzüge„waren zum Zeitpunkt der Haushaltsplanaufstellung für 2013 nicht absehbar.“

Trotz rechtlicher Verpflichtung zur Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit, trotz rechtlicher Verpflichtung zur Rücklagenbildung hat das Sozialdezernat bei der Haushaltsaufstellung offenbar geschönte Zahlen an den Kämmerer gemeldet.

Mit den Worten des Sozialdezernenten Gatzke, unterschrieben von der Bürgermeisterin, liest sich dieser Rechtsverstoß des Rathauses so: Man habe „keine Reserven in die Haushaltsanmeldungen eingebracht, um nicht unnötig kommunale Finanzmittel zu binden.“

„Unnötig“ hält man im Rathaus die Beachtung des Haushaltsrechts. Nötig hat man es offenbar gehabt, den Haushalt des Kommunalwahljahres schönzurechnen. Darin waren SPD und Stadtverwaltungsspitze sich einig. Alles bleibt gut…

Mit Vorsorge hat man es nicht so im Rathaus.

Deshalb bricht in jedem Jahr im Rathaus im Dezernat Gatzke das Dezemberfieber aus. Völlig überraschend. So auch in 2014. Man hat ja Ratsmitglieder zur Hand, die alles abnicken und unter kollektivem Gedächtnisschwund leiden.

Denen erzählt das Rathaus einfach ein neues Weihnachtsmärchen, das mit den Worten beginnt:

„Ohne diese zusätzlichen – hohe Kostenerstattungen auslösenden – Zuzüge wäre im Jahr 2014 eine Unterschreitung des Planansatzes im Produkt gelungen.“

Etwa so wie in 2012, als die Fraktionen bereits Ende August (!) davon in Kenntnis gesetzt wurden, dass im Bereich der erzieherischen Hilfen ein Mehraufwand in Höhe von bis zu 300.000 EUR drohe. Benötigt und nachbewilligt wurden am 12. Dezember 2012 schließlich 233.000 EUR.

Oder wie im Haushaltsjahr 2008, als zur Finanzierung von Hilfen innerhalb und außerhalb von Familien 293.000 EUR zusätzlich bereitgestellt werden mussten?

Oder wie im folgenden Jahr, 2009, als sich das Spielchen wiederholte und damals bereits Ende September (!) ein Betrag in Höhe von rd. 516.000 EUR fehlte, der zusätzlich bereitzustellen war?

Das nächste Dezember-Fieber wird kommen.