Kein Thema für Hilden?

Das Transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP)

Die Europäische Union und die USA haben am 13. Februar 2013 beschlossen, Verhandlungen über eine transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (Transatlantic Trade and Investment Partnership – TTIP) aufzunehmen, mit dem Ziel die transatlantischen Wirtschaftsbeziehungen durch dieses Abkommen zu vertiefen.

Die EU ist der bedeutendste Handelspartner der USA. Zusammen machen die EU und die USA fast 50 Prozent der Weltproduktion sowie ein Drittel des Waren- und Dienstleistungshandels aus.

Die transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft zwischen der EU und den USA soll erhebliche Wachstums- und Beschäftigungseffekte erzielen und neuen Schwung für Wirtschaft und Arbeitsmarkt bringen.

Die laufenden Verhandlungen über ein transatlantisches Freihandelsabkommen (TTIP)
haben eine intensive gesellschaftliche Debatte über Chancen und Risiken eines solchen
Abkommens angestoßen.

Viele Menschen verbinden mit den TTIP-Verhandlungen erhebliche Sorgen. Vor allem haben sie die Befürchtung, dass durch TTIP bewährte Rechte und Standards in Europa etwa bei Arbeitnehmerrechten, dem Verbraucher- und Gesundheitsschutz, der öffentlichen Daseinsvorsorge, bei Kultur, Tierschutz oder bei Lebensmitteln unterlaufen werden könnten.

.Angesichts der Fragen und Sorgen vieler Menschen, von Gewerkschaften, NGOs, Verbraucherverbänden und Bürgerinitiativen ist es dringend notwendig, dass die Verhandlungen über TTIP mit größtmöglicher Transparenz geführt werden und möglichst viele Menschen sowie Gruppen der Zivilgesellschaft einbeziehen.

Das Abkommen wird für die Mitgliedstaaten der EU von der Europäischen Kommission
verhandelt. Grundlage dieser Verhandlungen ist ein vom Rat erteiltes
Verhandlungsmandat, welches jedoch nicht veröffentlicht wird.

Nach Abschluss der Verhandlungen müssen das Europäische Parlament und der Rat dem Vertragstext des Abkommens im Ganzen zustimmen oder ihn ablehnen.

Nach Abschluss des Freihandelsabkommens wird dieses für die Mitgliedstaaten bindend. Damit wird es Anwendungsvorrang vor europäischen Verordnungen und Richtlinien, sowie nationalem Recht haben.

Dieses rechtliche Gewicht des Abkommens verstärkt seine mögliche Bedeutung für die
kommunale Daseinsvorsorge.

Die genauen Inhalte des Abkommens sind aufgrund der sehr eingeschränkten
Beteiligung der Öffentlichkeit nur schwer abzuschätzen.

Die EU-Kommission verhandelt zwar das vom Parlament ratifizierte Verhandlungsmandat, der genaue Wortlaut dessen und allerweiteren Verhandlungsdokumente – und damit auch detaillierte Informationen über mögliche Ausnahmen im Bereich der Daseinsvorsorge – sind für die Öffentlichkeit jedoch nicht zugänglich.

Je nach Ausgestaltung und Wortlaut des Abkommens, könnten Teile der kommunalen
Daseinsvorsorge unter den Anwendungsbereich der Handels- und Investitionspartnerschaft fallen.

Auch wenn sich das Handelsabkommen nicht direkt mit den Organisationsformen und -aufgaben der öffentlichen Verwaltung befasst, können sich die Inhalte des Abkommens indirekt auf die kommunale Organisationsfreiheit auswirken.

Daher ist es wichtig, sicherzustellen, dass die Bereiche der kommunalen Daseinsvorsorge prinzipiell nicht von einer transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft erfasst sind.

Die Erbringung zahlreicher Aufgaben der Daseinsvorsorge durch kommunale und
öffentliche Einrichtungen hat in unserer Gesellschaft eine lange Tradition und hat sich
bewährt.

Die Bürgerinnen und Bürger vertrauen darauf, dass die Steuerung und
Kontrolle der Leistungen der Daseinsvorsorge durch demokratisch legitimierte
kommunale Vertretungskörperschaften erfolgt.

Damit stellt die kommunale Daseinsvorsorge ein wichtiges Element eines bürgernahen Europas dar, dem die EU und die Mitgliedstaaten gleichfalls verpflichtet sind.

Die öffentliche Daseinsvorsorge darf daher insbesondere in den Bereichen, in denen sie
wichtige Aufgaben in nicht-liberalisierten Märkten wahrnimmt, keinesfalls einer
Liberalisierung unterworfen werden. Darunterfällt insbesondere die Wahrnehmung der
Aufgaben in der Wasserver- und Abwasserentsorgung.

Diese Bereiche dürfen, vordem Hintergrund des gerade erzielten Erfolges für die öffentliche Wasserwirtschaft in der Konzessionsvergaberichtlinie der EU, nicht wiederholt angetastet werden.

Dies gilt gleichermaßen für die traditionell seitens der Länder und der Kommunen geleistete Kulturförderung.

Der Erhalt von eigenen Einrichtungen, wie Theatern, Museen und Bibliotheken und die Förderung von zivilgesellschaftlichem sowie ehrenamtlichem Engagement sind gemeinwohlerhaltende und wichtige Bestandteile der kommunalen Daseinsvorsorge.

Die Kommunen dürfen in der Erbringung auch dieser Aufgaben keinesfalls durch ein Handelsabkommen eingeschränkt werden.

Darüber hinaus sind insbesondere auch die sozialen Daseinsvorsorgeleistungen zu nennen.

Die Erbringung dieser Leistungen durch Kommunen und die Funktionsfähigkeit der sozialen Sicherungssysteme sowie die kommunale Kompetenz in der Krankenhausversorgung müssen weiterhin gewährleistet sein und dürfen durch den Abschluss eines Handelsabkommens keiner Einschränkung unterliegen.

Die Organisationsfreiheit der Kommunen im Bereich der Daseinsvorsorge sowie das
Recht, die Art und Weise der lokalen Daseinsvorsorge zu gestalten, dürfen nicht
angetastet werden.

Keine der mittlerweile sieben Ratsfraktionen hat bis heute begriffen, worum es hierbei geht.