In Hilden herrscht Friedhofsruhe

Freihandelsabkommen EU/USA träfe auch Stadt

Warum befassen Hildens Ratsmitglieder sich nicht mit den Auswirkungen weltweiter Handelsabkommen auf die kommunale Daseinsvorsorge?

Warum ist es dem Rat nicht möglich, beispielsweise in einer Resolution von der Bundesregierung zu fordern, bei den Verhandlungen über eine transatlantische Handels-und Investitionspartnerschaft (TTIP) auf die Wahrung der europäischen Sozial-und Umweltstandards sowie auf den Schutz der kommunalen Daseinsvorsorge Wert zu legen?

Ist es den Ratsmitgliedern schlichtweg gleichgültig, ob sich der Bund gegenüber der EU-Kommission mit Nachdruck dafür einsetzt, dass

  • die kommunale Daseinsvorsorge, darunter insbesondere die nicht liberalisierten Bereiche, wie die
  • die öffentliche Wasserver- und Abwasserentsorgung,
  • die Bereiche Abfall und ÖPNV,
  • soziale Dienstleistungen sowie
  • alle Leistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge im Kulturbereich,

vom derzeit mit den USA verhandelten Freihandelsabkommen – und allen weiteren Handelsabkommen – explizit ausgeschlossen werden?

Der bisherige Prozess der Verhandlungen zum Freihandelsabkommen EU-USA ist doch in höchstem Maße intransparent und vernachlässigt erheblich die Rechte der gewählten Parlamentarier auf europäischer, nationaler und Länderebene sowie die der Kommunen.

Die Europäische Union und die USA haben am 13. Februar 2013 beschlossen, Verhandlungen über eine transatlantische Handels-und Investitionspartnerschaft (Transatlantic Trade and Investment Partnership – TTIP) aufzunehmen, mit dem Ziel die transatlantischen Wirtschaftsbeziehungen durch dieses Abkommen zu vertiefen.

Die laufenden Verhandlungen über ein transatlantisches Freihandelsabkommen (TTIP) haben eine intensive gesellschaftliche Debatte über Chancen und Risiken eines solchen Abkommens angestoßen. Viele Menschen verbinden mit den TTIP-Verhandlungen erhebliche Sorgen.

Vor allem haben sie die Befürchtung, dass durch TTIP bewährte Rechte und Standards in Europa etwa bei Arbeitnehmerrechten, dem Verbraucher-und Gesundheitsschutz, der öffentlichen Daseinsvorsorge, bei Kultur, Tierschutz oder bei Lebensmitteln unterlaufen werden könnten.

Angesichts der Fragen und Sorgen vieler Menschen, von Gewerkschaften, NGOs, Verbraucherverbänden und Bürgerinitiativen ist es dringend notwendig, dass die Verhandlungen über TTIP mit größtmöglicher Transparenz geführt werden und möglichst viele Menschen sowie Gruppen der Zivilgesellschaft einbeziehen.

Das Abkommen wird für die Mitgliedstaaten der EU von der Europäischen Kommission verhandelt. Grundlage dieser Verhandlungen ist ein vom Rat erteiltes Verhandlungsmandat, das jedoch nicht veröffentlicht wird.

Nach Abschluss der Verhandlungen müssen das Europäische Parlament und der Rat dem Vertragstext des Abkommens im Ganzen zustimmen oder ihn ablehnen.

Nach Abschluss des Freihandelsabkommens wird dieses für die Mitgliedstaaten bindend. Damit wird es Anwendungsvorrang vor europäischen Verordnungen und Richtlinien, sowie nationalem Recht haben.

Dieses rechtliche Gewicht des Abkommens verstärkt seine mögliche Bedeutung für die kommunale Daseinsvorsorge.

Die genauen Inhalte des Abkommens sind aufgrund der sehr eingeschränkten Beteiligung der Öffentlichkeit nur schwer abzuschätzen. Je nach Ausgestaltung und Wortlaut des Abkommens, könnten Teile der kommunalen Daseinsvorsorge unter den Anwendungsbereich der Handels- und Investitionspartnerschaft fallen.

Auch wenn sich das Handelsabkommen nicht direkt mit den Organisationsformen und -aufgaben der öffentlichen Verwaltung befasst, können sich die Inhalte des Abkommens indirekt auf die kommunale Organisationsfreiheit auswirken.

Daher ist es wichtig, sicherzustellen, dass die Bereiche der kommunalen Daseinsvorsorge prinzipiell nicht von einer transatlantischen Handels-und Investitionspartnerschaft erfasst sind.

Die Erbringung zahlreicher Aufgaben der Daseinsvorsorge durch kommunale und öffentliche Einrichtungen hat in unserer Gesellschaft eine lange Tradition und hat sich bewährt.

Die Bürgerinnen und Bürger vertrauen darauf, dass die Steuerung und Kontrolle der Leistungen der Daseinsvorsorge durch demokratisch legitimierte kommunale Vertretungskörperschaften erfolgt.

Damit stellt die kommunale Daseinsvorsorge ein wichtiges Element eines bürgernahen Europas dar, dem die EU und die Mitgliedstaaten gleichfalls verpflichtet sind.

Die öffentliche Daseinsvorsorge darf daher insbesondere in den Bereichen, in denen sie wichtige Aufgaben in nicht-liberalisierten Märkten wahrnimmt, keinesfalls einer Liberalisierung unterworfen werden. Darunter fällt insbesondere die Wahrnehmung der Aufgaben in der Wasserver- und Abwasserentsorgung.

Diese Bereiche dürfen, vor dem Hintergrund des gerade erzielten Erfolges für die öffentliche Wasserwirtschaft in der Konzessionsvergaberichtlinie der EU, nicht wiederholt angetastet werden. Dies gilt gleichermaßen für die traditionell seitens der Länder und der Kommunen geleistete Kulturförderung.

Der Erhalt von eigenen Einrichtungen, wie Theatern, Museen und Bibliotheken und die Förderung von zivilgesellschaftlichem sowie ehrenamtlichem Engagement sind gemeinwohlerhaltende und wichtige Bestandteile der kommunalen Daseinsvorsorge.

Die Kommunen dürfen in der Erbringung auch dieser Aufgaben keinesfalls durch ein Handelsabkommen eingeschränkt werden. Darüber hinaus sind insbesondere auch die sozialen Daseinsvorsorgeleistungen zu nennen.

Die Erbringung dieser Leistungen durch Kommunen und die Funktionsfähigkeit der sozialen Sicherungssysteme sowie die kommunale Kompetenz in der Krankenhausversorgung müssen weiterhin gewährleistet sein und dürfen durch den Abschluss eines Handelsabkommens keiner Einschränkung unterliegen.

Die Organisationsfreiheit der Kommunen im Bereich der Daseinsvorsorge sowie das Recht, die Art und Weise der lokalen Daseinsvorsorge zu gestalten, dürfen nicht angetastet werden.

In vielen Städten in Kreisen ist das ein Thema. Auch der Kreistag in Mettmann hat sich in seiner letzten Sitzung im Dezember 2014 damit befasst.

Nur in Hilden herrscht Friedhofsrufe.