„Anmerkungen zur politischen Kultur im Rat“

Zwei Reden – Eine Schlussfolgerung

Die SPD-Fraktionsvorsitzende Anabela Barata hielt es für angebracht, in der Ratssitzung am vergangenen Mittwoch auch „einige Anmerkungen zur politischen Kultur im Rat“ zu machen, klagte über „wenig Respekt vor dem politischen Wettstreiter“, um schließlich sogar von „mangelhaftem politischen Respekt“ zu sprechen.

Für die „Bürgeraktion“ berichtete Ludger Reffgen von „niederschmetterndem Erfolg“, dem „im letzten Jahr“ der Versuch der BA beschieden war, „im Interesse der Sache Gemeinsamkeiten ausloten“ zu wollen: „Die großen Fraktionen haben noch nicht einmal geantwortet.“ Reffgens ernüchterndes Fazit: „Eine Wiederholung erscheint folglich sinnlos.“

Oberflächlich betrachtet könnte es so scheinen, als sprächen beide mit einer Stimme, als hätten SPD- und BA-Fraktionsführung eine zumindest ähnliche Sicht auf den Zustand, in dem sich die politische Kultur in Hilden befindet, als seien SPD- und BA-Fraktion sich in ihrem Befund einig.

Doch dem ist nicht so. Wenn man die SPD-Fraktionsvorsitzende beim Wort nimmt, dann sieht Frau Barata sich und ihre Fraktion gewissermaßen als Opfer anderer, dann ist die Respektlosigkeit eindimensional, und die SPD hat daran keinen Anteil. Die SPD scheint sich durch „mehrere Dutzend fast gleichlautender Anträge“ belästigt zu fühlen.

Das Einzige, was die SPD seit Jahren zu Anträgen einfällt, die sie nicht eingebracht hat – ob sie gleich im Dutzend auf dem Tisch liegen oder der Einzelbearbeitung ausgesetzt sind – ist, diese abzulehnen, in den Papierkorb zu schmeißen.

Die SPD zeugt sei Jahren von „wenig Respekt vor dem politischen Wettstreiter“, weil sie jeder inhaltlichen Debatte aus dem Weg geht, weil sie selbst auf schriftliche Gesprächsangebote entweder gar nicht oder über die Lokalpresse mit dem Pauschalurteil reagiert, der Einladende meine es nicht ernst.

Die SPD hat es beispielsweise seit 2004 nicht gewagt, auch nur eines der zahlreichen Gesprächsangebote der BA einem realpolitischen Test auszusetzen. Sich einem Gespräch zu verweigern, dieses Sich-tot-Stellen zeugt, „von wenig Respekt vor dem politischen Mitstreiter“.

Wenn die SPD „mehrere Dutzend fast gleichlautender Anträge“, die sie ausnahms- und alternativlos abgelehnt hat, mit „mangelhaftem politischen Respekt“ gleichsetzt, dann sollte sie sich die Frage gefallen lassen, wieso sie die Haushaltslage zwar als „kritisch“ bezeichnet, aber nicht einen Änderungsvorschlag vorgelegt hat.

Man mag, wie es nicht nur die SPD-Fraktionsvorsitzende getan hat, Anträgen einer Fraktion mit jeweils identischer Begründung fehlende Ernsthaftigkeit unterstellen, aber die daran geknüpfte Mahnung, wer Kürzungen fordere, müsse auch benennen, welche Angebote gestrichen oder eingeschränkt werden sollten, geht ins Leere:

Denn sowohl die Anträge der AfD als auch der Kürzungsantrag der BA waren so formuliert, dass die Kürzungen in Cent und Euro berechnet werden konnten. Beide Fraktionen scheuten die Realitätsprüfung nicht, vor der die SPD seit Jahren und auch mit dem Haushalt 2015 ausweicht.

Denn während selbst die weich gespülte und SPD-hörige CDU-Fraktion zaghafte Versuche angestellt hat, hier und da einige moderate Sparvorschläge zu formulieren – freilich auf Kosten des Kulturetats -, ist die SPD der Realitätsprüfung ausgewichen.

Mit Gebührenerhöhungen hier und da wird man den Haushalt der Stadt nicht wieder ins Gleichgewicht bringen können, wenn man nicht an den sogenannten Standards rütteln möchte. Eine höhere Gewerbesteuer käme der Aufforderung an Unternehmen  gleich, sich in Monheim anzusiedeln oder dorthin umzuziehen.

Man könnte vielen Kürzungsanträgen zum Haushaltsentwurf 2015 durchaus Kurzatmigkeit und Oberflächlichkeit vorwerfen, aber wer sich, wie die SPD, darauf beschränkt, Haltungsnoten zu verteilen ohne selbst auf die Matte zu gehen, ist schlicht und einfach nur feige.

Die SPD kann von Glück reden, dass es im Rat keine Fraktion gibt, die die Genossen populistisch von links unter Druck zu setzt, sprich: entweder jede SPD-Wohltat überbietet (noch mehr Funktionsgebäude auf Sportplätzen, noch viel mehr Kinderbetreuungsplätze!), um sich von den Genossen niederstimmen zu lassen oder – wie es ausgerechnet die FDP vorgemacht hat – sich als soziales Korrektiv versucht.

Dem Versuch der BA, die 2014 „im Interesse der Sache Gemeinsamkeiten ausloten“ wollte, ist in diesem Jahr keine Neuauflage gefolgt. Das ist menschlich verständlich, aber auch bedauerlich und politisch unklug.

Wer sich nämlich wirklich „über den parteilichen Tellerrand hinaus verständigen“ will, weil es ihm um die Sache geht, der lässt sich durch Unhöflichkeit, Bockigkeit und Arroganz nicht entmutigen.

Es ist schon schlimm genug, dass die SPD sich Gesprächen verweigert und zugleich „wenig Respekt vor dem politischen Mitstreiter“ beklagt.

Man muss diesen Zustand der politischen Unkultur nicht auch noch fatalistisch mit höheren philosophischen Weihen versehen!