Archiv für den Monat: September 2013

Neues von der Hauspostille

„WZ“-Hilden spricht „Klartext“ mit SPD-Staats- und Parteichefin

Die Hauspostille des Rathauses, die „Westdeutsche Zeitung“, hat heute eine Plauderei mit der SPD-Bürgermeisterkandiatin, SPD-Vorsitzenden und SPD-Fraktionschefin veröffentlicht, die keine einzige substanzielle Information enthält.

Der freundliche Gesprächspartner und Stichwortgeber hat sich das Wohlwollen der Genossen redlich verdient. Ob es auch zu ein paar neuen Abos reichen wird, wissen wir nicht. Auf jeden Fall hat sich die WZ um die Pressefreiheit verdient gemacht.

Wir erfahren, dass die SPD acht Monate vor der Kommunalwahl offenbar ihre Arbeit einstellen will. „Neue Projekte werden wir eher keine mehr angehen“, kündigt die SPD-Multi-Funktionärin an. Und die WZ nimmt es hin wie das Wort Gottes.

Auch die inhaltsleere Aussage, die Entwicklung der Sekundarschule „muss weiter begleitet werden. Den gewachsenen Ansprüchen müssen wir gerecht werden“, bleibt ohne jeden Versuch einer Präzisierung. Wessen und welche Ansprüche meint die SPD-Vertreterin?

Das alles interessiert die WZ überhaupt nicht. Schnell zum nächsten Stichwort: Wohnen für „Junge Familien“. Denn nur die sind dem geheimen Pressesprecher der Rathauskoalition wichtig.

Und daran kann Birgit Alkenings in trauter Kumpanei nahtlos anschließen („Das stimmt…“) und zugleich ihre Propaganda loswerden: Sie will angeblich „adäquaten, bezahlbaren Wohnraum. Und zwar für kleine und mittlere Einkommen.“

Man ahnt, wie der WZ-Mann dazu freundlich und ergriffen nickt. Denn er weiß nicht, wird es nie wissen und will es nicht wissen, dass die SPD, also auch Birgit Alkenings, seit Jahren zuschaut, wie in Hilden der Bestand an öffentlich geförderten Wohnungen dramatisch schrumpft: von 3.035 in 2000 auf nur noch 1.661 in 2010.

Im gleichen Zeitraum, unter den SPD-Bürgermeistern Scheib und Thiele und unter einem SPD-Vorsitz im Aufsichtsrat der städtischen Wohnungsbaugesellschaft, wurden lediglich 18 Mietwohnungen mit Zuschüssen des Landes gebaut.

„Das soziale Gefüge einer Stadt gerät so in Schieflage“, behauptet die SPD-Chefin – selbstverständlich unwidersprochen. Und damit meint sie nicht etwa den Mangel an preisgünstigem Wohnraum in Hilden. Nein, Birgit Alkenings wettert gegen den Zuzug von Neubürgern „die zwar Kaufkraft, aber eben wenig Kinder (bringen).“

Auch da fragt ihr Gesprächspartner nicht nach. Und so müssen wir gespannt darauf warten, ob die SPD jetzt vorschlagen wird, Hildens Stadtgrenzen zu bewachen.

Ganz knallhart geht die WZ danach zum nächsten Stichwort auf ihrem Zettel weiter: „Wie gut, dass die Stadt noch 45 Millionen Euro aus dem Verkauf der Stadtwerke auf dem Konto hat“, jubelt der ahnungslose Fragesteller.

Und Birgit Alkenings ist selbstverständlich froh, dass es da liegt. Wir haben das Geld gut angelegt und können mit den Erträgen arbeiten.“ – Ja, indem Millionen für Pensionszahlungen an ehemalige Bedienstete der Stadt verschoben werden, indem weitere Millionen abzogen werden, um damit den garantierten Gewinnanteil der Stadtwerke Düsseldorf zu finanzieren.

Kein Wort findet sich im „Klartext“-Gespräch zu den rund 78 Millionen EUR Schulden, die  bei der Stadt und bei den zahlreichen stadteigenen GmbHs aufgehäuft worden sind. Stattdessen wird so getan, als sei die sogenannte „Solidarumlage“ zugunsten klammer NRW-Kommunen noch gar nicht beschlossen. Dass SPD, die Grünen und die FDP dafür längst die Hand gehoben haben, weiß die WZ doch nicht.

Wen interessieren denn Fakten?

Link zum WZ-Artikel:

„Birgit Alkenings (SPD): „Wir warten auf die Gegner“

Eine alliierte Einzelmeinung?

Barrierefreiheit kein Thema

Am 2. Oktober steht im Haupt-  und Finanzausschuss ein Antrag der Grünen zur Abstimmung. Ganz so, wie man es von den Grünen kennt, ist er zahnlos, harmlos und wachsweich formuliert:

„Die Verwaltung wird gebeten, zukünftig in allen Sitzungsvorlagen zu Neu- und Umbaumaßnahmen von Gebäuden, Straßen und Plätzen die Ausschussmitglieder über die vorgesehenen Maßnahmen zur Barrierefreiheit zu informieren. Außerdem ist die Stellungnahme des Behinderten- und Seniorenbeirates beizufügen.“

Die Grünen haben zu diesem Antrag keine finanzielle Forderung erhoben. Im Ausschuss für Umwelt- und Klimaschutz gab es für diesen Vorschlag dann auch eine fast einstimmige Zustimmung. Nur eine politische Gruppierung wollte nicht einmal diesen Minimalstandard zugunsten von Menschen mit Behinderungen einhalten: dUH.

Deren Vertreterin, Anita Bergner, die selbstverständlich auch zum Rückversicherungsteam der „Alliierten“ gewechselt ist, lehnte diesen Antrag ab. Ohne ein einziges Argument vorzutragen oder gar einen alternativen Vorschlag einzubringen!

Ob die Stoßstürmer der dUH-Nachfolgeorganisation, Fraktionschef Bommermann und Ehrenvorsitzender Horzella, am 2. Oktober im Haupt- und Finanzausschuss das Abstimmungsverhalten ihrer „sachkundigen“ Bürgerin wohl korrigieren?

Übrigens: Die Aufwendungen für barrierefreies Bauen im Haushalt betragen in diesem Jahr nur noch bescheidene 30.000 EUR. 2011 waren dafür noch 60.000 EUR veranschlagt worden.

Und ewig schweigt (auch) der Behindertenbeirat…

Siehe auch (zum Anklicken):
Auszug_aus_Niederschrift

Alles unter Kontrolle

Heute: Der Seniorenbeirat

Eines muss man den Genossen im Rathaus lassen: Sie haben es über Jahre hinweg geschafft, sich mit einem Netzwerk von Vereinen zu umgeben, in denen sie Einfluss ausüben oder zumindest ihnen sehr gewogene Vorstandsmitglieder tätig sind.

Erst kürzllich konnte ein Genosse den stellvertretenden Vorsitz in Hildens ältestem Fußballverein erklimmen und dort dafür sorgen, dass niemals vergessen wird, wer im Hildener Rathaus regiert.

In Hilden leben über 25.000 über 50jährige Menschen. Als deren Interessenvertretung gilt der Seniorenbeirat, der allerdings von den meisten, die er vertreten soll oder zu vertreten beansprucht, nicht gewählt werden kann.

Denn nicht in allgemeiner, gleicher, direkter und geheimer Wahl werden die elf Damen und Herren ausgesiebt, die den Seniorenbeirat bilden, sondern „Delegierte“ aus Senioreneinrichtungen, Bürgervereinen und in der Seniorenarbeit tätigen Vereinen und Verbände stimmen ab – meistens alternativlos.

Es darf als gesichert gelten, dass diese „Delegierten“ nach einem knallharten, informativen Wahlkampf ebenfalls in geheimer Wahl zu ihrem Mandat kommen. Da wird nichts und niemand handverlesen!

Der so installierte Seniorenbeirat amtiert für vier Jahre. Zuletzt wurde er im März 2012 gewählt. Fast niemand der 25.000 über 50-Jährigen in Hilden hatte das mitbekommen. Das war ja auch nicht gewolllt, denn es galt und gilt ja, dem Rathaus genehme, ergebene und – bestenfalls – als Stichwortgeber auffällige Personen auf diese Weise zu „wählen“.

Das hat auch wieder ganz hervorragend geklappt. Als Vorsitzenden dieser intimen Runde haben die elf Beiratsmitglieder dann auch einen Mann abgenickt, der völlig unverdächtig ist, sich auch nur in einer einzigen Frage anders zu positionieren als man das im Rathaus wünscht: Gerd Wimmershoff.

Der neue Vorsitzende des Seniorenbeirats war bis vor rund elf Jahren Personaldezernent bei der Stadtverwaltung. Ein relativ hohes Tier also. Eine andere Meinung zu haben als die ihm bekannte oder emotional erfühlte des Rathauschefs – mag er nun Günter oder Horst heißen – wäre diesem Vorsitzenden schon konstitutionell unmöglich.

So war es auch kein Wunder, dass Herr Wimmershoff am vergangenen Mittwoch im Stadtentwicklungsausschuss ins Horn des SPD-geführten Rathauses blies und forderte, auf dem Gelände der ehemaligen Albert-Schweitzer-Schule „schnell“ Wohnungen zu errichten, die „möglichst barrierfrei“ sein sollten. „Möglichst“…jaja

Dieser sogenannte Vertreter des Seniorenbeirats, der, objektiv betrachtet, nur eine verschwindend geringe Minderheit der über 50-Jährigen in Hilden vertritt, war monatelang durch Schweigen aufgefallen. Als Rathaus und Ratsmehrheit das „Jueck“-Grundstück privatisierten statt die städtische Wohnungsbaugesellschaft darauf seniorengerechte Wohnungen errichten zu lassen, hatte Herr Wimmershoff nichts dagegen.

Und der Vorsitzende schwieg auch zum Schicksal eines Antrags einer Arbeitsgruppe des Seniorenbeirats, auf dem Gelände der ehemaligen Albert-Schweitzer-Schule 30 % öffentlich geförderten Wohnraum zu errichten. Im Fachausschuss hatten Rathaus und Mehrheit der Ausschussmitglieder die Antragsteller so lange mürbe geredet bis diese auf ihre Forderung verzichteten.

Im Stadtentwicklungsausschuss war die Zurückhaltung des Seniorenbeiratsvorsitzenden verschwunden. Hier verstärkte er die Ablehnungsfront gegen den Bürgerantrag des BUND und anderer und wollte, einmal groß in Fahrt gekommen, auch noch als Vertreter des Behindertenbeirats sprechen, dessen Vorsitzender physisch anwesend war.

Damit im Seniorenbeirat wirklich nichts anbrennen kann, hat man für den unwahrscheinlichen Fall, dass der Vorsitzende einmal verhindert sein sollte, für eine Stellvertretung gesorgt, die der SPD in jeder Hinsicht Recht ist: Hiltrut Stegmaier, langjährige SPD-Ratsfrau und frühere Gschäftsführerin der SPD-Ratsfraktion.

Was lehrt uns das?

Bundestagswahlergebnis in Hilden

So kann es auch in Hilden weitergehen. Die CDU wird stärkste Fraktion, ist aber ohne eigene Mehrheit.

Dass Hildens Christdemokraten ihr Bundestagswahlergebnis von 41, % bejubeln, ist menschlich verständlich und sei ihnen auch gegönnt, aber die schwarz-gelbe Mehrheit, die bei der Bundestagswahl 2009 in Hilden noch 51,4 % der Stimmen auf sich vereinigen konnte, ist durch den dramatischen Absturz der FDP (- 12,4 %) auf 47,9 % geschrumpft.

Dass sich eine 1:1-Übertragung dieses Wahlergebnis der CDU auf die Kommunalwahl 2014 verbietet, wird deutlich, wenn man die CDU-Ergebnisse in anderen Städten des Kreises Mettmann heranzieht. In Ratingen erzielten die Christdemokraten gestern mit 44,8 % der Zweitstimmen kreisweit das zweitbeste Ergebnis, denn ihre lokal schärfste Konkurrenz, die „Bürger-Union“ war ja zur Bundestagswahl nicht angetreten.

Am 25. Mai 2014 werden an der kommunalen Wahlurne bundespolitische Erwägungen kaum eine Rolle spielen.

Wer jetzt im sogenannten „bürgerlichen Lager“, das durch Lodenmäntel und Gamsbärte verstärkt worden ist, glaubt, das Bundestagswahlergebnis in Hilden signalisiere eine Erholung oder gar Normalisierung für das von der CDU, die man beerben will, angeführte Wählerpotenzial, der hat nicht genau hingeschaut.

Denn nicht nur die dramatischen Einbrüche der FDP, die in vielen Kreisen Schadenfreude und offenen Jubel ausgelöst haben, schwächen die selbsternannten „Bürgerlichen“, sondern auch die erstaunlich starken 5,2 % für die „AfD“. In fünf Wahlkreisen lag diese nationalliberale Splittergruppe sogar über sieben Prozent, mit ihrem Spitzenwert von 8 % im Bereich um die Wilhelm-Busch-Schule an der Richrather Straße.

Bedenkt man, dass die AfD in dieser zugespitzten Situation immerhin 1.638 Zweistimmen auf sich vereinigen konnte, dann wird klar, dass es mit Blick auf die Kommunalwahl für Ratsmandate reichen würde, insbesondere vor dem Hintergrund einer höchstwahrscheinlich um mindestens 20 Prozentpunkte geringeren Wahlbeteiligung.

Und dass selbst die Piraten in Hilden gegenüber der Bundestagwahl 2009 mit 0,5 % (719 Stimmen) immerhin einen Zuwachs auf, 2,3 % verbuchen konnten, hätte vor dem Wahltag so kaum jemand erwartet. Auch bei dieser Gruppierung würde es zu Ratsmandaten reichen.

Das gilt sogar für die in Hilden politisch toten Linken, die in zwei Wahlkreisen mit jeweils 11,1 % sogar zweistellige Ergebnisse erzielen konnten. Und, für manche gewiss völlig überraschend und unerwartet, ist auch das Ergebnis für die Linken in der Innenstadt: satte 8,5 % in der Stadtbücherei, fern von sozialen Brennpunkten und Hartz-IV-Problemen.

1.693 Wähler/innen entschieden sich in Hilden für die Linken und folglich konsequent gegen SPD oder die Grünen. Wirft man einen Blick auf die Wahlkreise, dann wird schnell deutlich: Hier handelt es sich nicht um die „klassische Kundschaft“ linker Bewegungen.

Wo gehen diese fast 1.700 Stimmen bei der Kommunalwahl hin? Auf keinen Fall ins „bürgerliche Lager“! Und erst recht nicht zur dUH-Nachfolgeorganisation der Eigenheimbesitzer und Hilfssheriffs, die weder personell noch inhaltlich soziale Kompetenz und Empathie besitzen.

Alarmierend auch das Ergebnis für Hildens Grüne, die gegenüber der letzten Bundestagwahl rd. 800 Stimmen (- 2,8 %) verloren haben und auf 7.4 % geschrumpft sind. Die jetzt erreichten 2.357 Stimmen werden zwar zu Sitzen im Rat führen, aber dazu müssten die Grünen erstens ihr Wählerpotenzial mobilisieren und zweitens keine politische Konkurrenz zulassen.

Beides wird nicht gelingen. Zur Mobilisierung gehört eine überzeugende Politik vor Ort. Und die politische Konkurrenz – mindestens in  Form der wieder ergrünten „Bürgeraktion“ – wird alles tun, um sich auch der rosa-grünen Wählerklientel als die verlässlichere, konsequentere Alternative anzubieten.

Da das „bürgerliche Lager“ von dem Wahn lebt, es ginge auch vor Ort um die Entscheidung für die Freiheit und gegen den rosa-grünen Sozialismus, wird es von dort kein Politikangebot an diejenigen geben, denen Lebensqualität und sozialer Zusammenhalt wichtig sind.

Wenn Wahlen wirklich in der Mitte entschieden werden, dann wird ein Konzept, das mindestens 50 % des Wählerspektrums ausschließt oder für sich aufgibt (es sind immer die anderen!), nicht zu einer strategischen Mehrheit führen.

Wer klug genug ist um zu wissen, dass man mit einem Flügel nicht fliegen kann, der könnte am 25. Mai 2014 einen dynamischen Auftrieb erfahren. Das lehrt das Bundestagswahlergebnis für Hilden.