Archiv für den Tag: 23. September 2013

Was lehrt uns das?

Bundestagswahlergebnis in Hilden

So kann es auch in Hilden weitergehen. Die CDU wird stärkste Fraktion, ist aber ohne eigene Mehrheit.

Dass Hildens Christdemokraten ihr Bundestagswahlergebnis von 41, % bejubeln, ist menschlich verständlich und sei ihnen auch gegönnt, aber die schwarz-gelbe Mehrheit, die bei der Bundestagswahl 2009 in Hilden noch 51,4 % der Stimmen auf sich vereinigen konnte, ist durch den dramatischen Absturz der FDP (- 12,4 %) auf 47,9 % geschrumpft.

Dass sich eine 1:1-Übertragung dieses Wahlergebnis der CDU auf die Kommunalwahl 2014 verbietet, wird deutlich, wenn man die CDU-Ergebnisse in anderen Städten des Kreises Mettmann heranzieht. In Ratingen erzielten die Christdemokraten gestern mit 44,8 % der Zweitstimmen kreisweit das zweitbeste Ergebnis, denn ihre lokal schärfste Konkurrenz, die „Bürger-Union“ war ja zur Bundestagswahl nicht angetreten.

Am 25. Mai 2014 werden an der kommunalen Wahlurne bundespolitische Erwägungen kaum eine Rolle spielen.

Wer jetzt im sogenannten „bürgerlichen Lager“, das durch Lodenmäntel und Gamsbärte verstärkt worden ist, glaubt, das Bundestagswahlergebnis in Hilden signalisiere eine Erholung oder gar Normalisierung für das von der CDU, die man beerben will, angeführte Wählerpotenzial, der hat nicht genau hingeschaut.

Denn nicht nur die dramatischen Einbrüche der FDP, die in vielen Kreisen Schadenfreude und offenen Jubel ausgelöst haben, schwächen die selbsternannten „Bürgerlichen“, sondern auch die erstaunlich starken 5,2 % für die „AfD“. In fünf Wahlkreisen lag diese nationalliberale Splittergruppe sogar über sieben Prozent, mit ihrem Spitzenwert von 8 % im Bereich um die Wilhelm-Busch-Schule an der Richrather Straße.

Bedenkt man, dass die AfD in dieser zugespitzten Situation immerhin 1.638 Zweistimmen auf sich vereinigen konnte, dann wird klar, dass es mit Blick auf die Kommunalwahl für Ratsmandate reichen würde, insbesondere vor dem Hintergrund einer höchstwahrscheinlich um mindestens 20 Prozentpunkte geringeren Wahlbeteiligung.

Und dass selbst die Piraten in Hilden gegenüber der Bundestagwahl 2009 mit 0,5 % (719 Stimmen) immerhin einen Zuwachs auf, 2,3 % verbuchen konnten, hätte vor dem Wahltag so kaum jemand erwartet. Auch bei dieser Gruppierung würde es zu Ratsmandaten reichen.

Das gilt sogar für die in Hilden politisch toten Linken, die in zwei Wahlkreisen mit jeweils 11,1 % sogar zweistellige Ergebnisse erzielen konnten. Und, für manche gewiss völlig überraschend und unerwartet, ist auch das Ergebnis für die Linken in der Innenstadt: satte 8,5 % in der Stadtbücherei, fern von sozialen Brennpunkten und Hartz-IV-Problemen.

1.693 Wähler/innen entschieden sich in Hilden für die Linken und folglich konsequent gegen SPD oder die Grünen. Wirft man einen Blick auf die Wahlkreise, dann wird schnell deutlich: Hier handelt es sich nicht um die „klassische Kundschaft“ linker Bewegungen.

Wo gehen diese fast 1.700 Stimmen bei der Kommunalwahl hin? Auf keinen Fall ins „bürgerliche Lager“! Und erst recht nicht zur dUH-Nachfolgeorganisation der Eigenheimbesitzer und Hilfssheriffs, die weder personell noch inhaltlich soziale Kompetenz und Empathie besitzen.

Alarmierend auch das Ergebnis für Hildens Grüne, die gegenüber der letzten Bundestagwahl rd. 800 Stimmen (- 2,8 %) verloren haben und auf 7.4 % geschrumpft sind. Die jetzt erreichten 2.357 Stimmen werden zwar zu Sitzen im Rat führen, aber dazu müssten die Grünen erstens ihr Wählerpotenzial mobilisieren und zweitens keine politische Konkurrenz zulassen.

Beides wird nicht gelingen. Zur Mobilisierung gehört eine überzeugende Politik vor Ort. Und die politische Konkurrenz – mindestens in  Form der wieder ergrünten „Bürgeraktion“ – wird alles tun, um sich auch der rosa-grünen Wählerklientel als die verlässlichere, konsequentere Alternative anzubieten.

Da das „bürgerliche Lager“ von dem Wahn lebt, es ginge auch vor Ort um die Entscheidung für die Freiheit und gegen den rosa-grünen Sozialismus, wird es von dort kein Politikangebot an diejenigen geben, denen Lebensqualität und sozialer Zusammenhalt wichtig sind.

Wenn Wahlen wirklich in der Mitte entschieden werden, dann wird ein Konzept, das mindestens 50 % des Wählerspektrums ausschließt oder für sich aufgibt (es sind immer die anderen!), nicht zu einer strategischen Mehrheit führen.

Wer klug genug ist um zu wissen, dass man mit einem Flügel nicht fliegen kann, der könnte am 25. Mai 2014 einen dynamischen Auftrieb erfahren. Das lehrt das Bundestagswahlergebnis für Hilden.