Archiv für den Tag: 14. November 2013

Wegen 753,90 Euro vor Großer Strafkammer

Und bald: Wegen Steuerhinterziehung vor Gericht?

Vor dem Landgericht Hannover, 2. Große Strafkammer, beginnt heute das Verfahren gegen Ex-Bundespräsident Christian Wulff wegen Vorteilsannahme nach § 331 des Strafgesetzbuches

Bis zum 2. April 2014 sind insgesamt 22 Verhandlungstage angesetzt.

Der Vorwurf der Bestechlichkeit knüpft an die Verletzung von Dienstpflichten bei einer konkreten Diensthandlung an.

Der Vorwurf der Vorteilsannahme setzt wesentlich die Annahme eines Vorteils im Rahmen der Dienstausübung voraus, wobei für die Erfüllung des Tatbestandes unerheblich ist, ob bei der Dienstausübung pflichtwidrig gehandelt wird oder nicht.

Dabei ist es ausreichend, dass der Vorteil allgemein inhaltlich mit der Dienstausübung des Amtsträgers verknüpft und damit geeignet ist, den bloßen Anschein der „Käuflichkeit“ zu erwecken.

Die gesetzliche Strafandrohung der §§ 331, 333 des Strafgesetzbuches ist geringer als die für Bestechlichkeit bzw. Bestechung angedrohte Strafe.

Der Strafrahmen sieht Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vor.

Laut „Süddeutsche Zeitung“ vom 13. November 2013 geht es um einen Betrag von 753,90 Euro.

„Die Anklage behauptet, als Ministerpräsident sei Wulff für diesen Betrag zu kaufen, er sei für diese Summe in Sachwerten einem Freund gefällig gewesen.“

46 Zeugen sollen dazu vernommen werden.

hildenBLOG enthält sich jeder Aussage zu Sinn und Kosten eines solchen Gerichtsverfahrens. Eine Frage sei aber gestattet:

Wenn die Staatsanwaltschaft Hannover ein Verfahren wegen vermeintlicher oder tatsächlicher Vorteilsnahme rd. 754 Euro eröffnet, was wird dann aus Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Düsseldorf und der Oberfinanzdirektion Köln gegen ein Mitglied der „Allianz für Hilden“?

Und bevor hier jemand empört aufschreit: „Unglaubliche Verleumdung der ‚Allianz für Hilden!“, sei daran erinnert: Als die Vorwürfe gegen Schnatenberg durch die Presse gingen, wurde stets darauf hingewiesen, dass er Ratsmitglied/Vorsitzender der „Bürgeraktion Hilden“ sei.

Wer damals schadenfroh Richtung BA blickte oder grinste, muss es aushalten, jetzt mit gleicher Elle gemessen zu werden. Und je näher die Kommunalwahl rückt, desto nervöser werden jetzt einige Saubermänner werden.

Zur Erinnerung:

„Christina Krasemann-Sharma (…) sei beispielsweise froh, dass der sachkundige und selbstbewusste Peter Schnatenberg, ebenfalls früher bei der BA, zur Allianz gewechselt sei. Gegen Schnatenberg wird seit Monaten unter anderem wegen Steuerhinterziehung ermittelt; sein Ratsmandat ruht, bis die Ermittlungen beendet sind. ‚Das wird sich alles klären‘, ist Krasemann sicher.“

Schnatenberg wird ja nur Betrug, Untreue, Urkundenfälschung und Steuerhinterziehung in 634 Fällen vorgeworfen (vermuteter Schaden: rd. 700.000 Euro).

Sollte es zu einem Gerichtsverfahren gegen diesen „Alliierten“ kommen, dann werden seine neuen politischen Freunde ihn so schnell fallen lassen, wie Schnatenberg seine politische Überzeugung gewechselt hat?

Oder hat Dr. Peter Schnatenberg auch diese neue Heimat längst verlassen?

“Quousque tandem abutere, Peter Schnatenberg, patientia nostra?”

Einkommen ungleicher verteilt, Armutsquote gestiegen

Trendwende steht immer noch aus

Die Einkommen in Deutschland sind heute deutlich ungleicher verteilt als vor zehn oder 20 Jahren. Besonders stark hat sich die Schere zwischen 2000 und 2005 geöffnet.

Zwar gibt es Hinweise darauf, dass die Ungleichheit seitdem wieder etwas abgenommen hat: Der Anteil der Löhne am Volkseinkommen ist nach jahrzehntelanger Erosion wieder angestiegen.

Und der Gini-Koeffizient, das bekannteste Maß für Einkommensungleichheit, signalisiert für die Jahre zwischen 2005 und 2010 einen geringfügigen Rückgang der Unterschiede.

Eine echte Trendwende ist aber noch nicht erreicht. Möglicherweise stellt der Gini-Koeffizient methodenbedingt die Entwicklung sogar positiver dar als sie wirklich ist.

Zu diesem Ergebnis kommt der neue Verteilungsbericht des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung.

Für die Studie haben Prof. Dr. Brigitte Unger, Dr. Reinhard Bispinck, Dr. Toralf Pusch, Dr. Eric Seils und Dr. Dorothee Spannagel vom WSI zahlreiche nationale und internationale Statistiken ausgewertet und verschiedene Indikatoren berechnet.

„Die Datenlage ist teilweise unübersichtlich. Unter dem Strich sehen wir aber gewichtige Indizien dafür, dass noch eine Menge zu tun ist, um eine echte Entspannung der Verteilungsentwicklung zu erreichen.

Einige positive Tendenzen in letzter Zeit ergeben noch keinen stabilen Trend. Und die ärmeren Menschen in diesem Land haben davon bislang überdies kaum profitiert“, fasst Brigitte Unger, die Wissenschaftliche Direktorin des WSI, zusammen.

So hat der Abstand zwischen hohen und niedrigen Löhnen nach Beobachtung der Wissenschaftler seit 2008 erneut zugenommen.

Die Armutsquote ist im gleichen Zeitraum mit einer Ausnahme im Jahr 2010 kontinuierlich gestiegen.

Und lediglich das wohlhabendste Viertel der deutschen Haushalte weist langfristig eine stabile Sparquote auf.

Vor allem die ärmere Hälfte der Bevölkerung kann offensichtlich deutlich weniger zurücklegen als Anfang der 1990er Jahre.

Dadurch sinkt der ohnehin nur marginale Anteil der Ärmeren an den Vermögenseinkommen. „Auch eine private Altersvorsorge ist so kaum möglich“, warnen die WSI-Experten.