Wer Wasser spart, schädigt das Kanalnetz!

Stadtwerke betreiben Volksverdummung

Jetzt wissen es alle, die umweltbewusst sind und Wasser sparen: Sie sind schuld daran, dass sich im Kanalnetz in der Stadt Ablagerungen bilden, deren Beseitigung Kosten verursacht.

Denn – so lautet die Klage der völlig uneigennützig tätigen, einstmals zu 100 % kommunalen Stadtwerke – : Die  Hildener verschwenden weniger Trinkwasser und deshalb werden die Abwasserkanäle nicht gut durchgespült!

Die unausgesprochenen Folgebotschaften lauten: Wenn das Kanalnetz reparaturanfälliger wird, dann liegt es am gesunkenen Wasserverbrauch! Wer Wasser spart, schädigt das Kanalnetz!

Wenden wir uns den Fakten zu:

Das Wasserleitungs- und Kanalnetz ist einem reichen Angebot und einer hohen Nachfrage angepasst. Und darin liegt das Problem bei stark sinkendem Verbrauch. Fließt zu wenig durch die Leitungsrohre, steht das Wasser in ihnen, mit der Gefahr, dass es verkeimt.

Betriebswirtschaftlich bedeutet das für die Stadtwerke:  Die Kosten, die sie als kommunaler Ver- und Entsorger zu tragen haben, sind nur wenig variabel. Mit sinkendem Verbrauch steigt also der Wasserpreis je Kubikmeter, was einen weiteren Anreiz zum Wassersparen bedeutet.

Aus dieser Spirale gibt es nur dann einen Ausweg, wenn die Stadt anfängt, ihre Infrastruktur an den tatsächlichen Gegebenheiten, wie der Bevölkerungszahl, auszurichten. Es müsste also mehr investiert werden, um die Leitungsnetze dem verminderten Verbrauch anzupassen, also vor allem die Rohrdurchmesser zu vermindern.

Es müsste also investiert werden…

Doch Hilden, der so reichen Stadt, die sich ihrer tollen Standards rühmt und deren Ratsmitglieder lieber für millionenteure Dreifach-Sporthallen stimmen als sich um den Zustand des städtischen Kanalnetzes zu kümmern, fehlt das Geld.

Man mag es kaum glauben, aber Hildens Stadtkämmerer Klausgrete hatte bereits in seinem Haushaltsentwurf 2010 mitgeteilt, die Investiti­onen zur Substanzerhaltung der Stadtentwässerung würden „absehbar (…) zukünftig anstei­gen“.

Auch im Haushaltsentwurf 2013 fand sich diese Standardformulierung wieder, ergänzt um den Hinweis: „Grundlage für diese Angabe sind die Auswertungen der Kanalnetzuntersuchun­gen, die Altersstruktur des Netzes und die Reinvestitionsquo­ten in der Vergangenheit.“

Die in 2006 von der Stadtverwaltung vorgestellte „Mach­barkeitsstudie Stadt­entwässerung Hilden“ bezifferte den sofortigen Investitionsbedarf beim städtischen Kanalnetz mit 18 Millionen €.

Die Stadtverwaltung hat öffentlich erklärt, mehr als 57 Millionen EUR würden für die Stadtent­wässerung benötigt. Laut „Generalentwässerungsplanung der Stadt Hilden“ – eine Sitzungsvorlage, die alle Fraktionen „zur Kenntnis genommen“ und anschließend vergessen haben – soll sich die Realisierung der Maßnahmen auf bis zu 25 Jahre erstre­cken.

Dieses entspricht „einer jährlichen Investition von 2,3 bis 2,8 Mill. €. In der Mehrjahresfinanzplanung 2011 bis 2014 sind aktuell durchschnittlich 2 Mill. € vorge­sehen“ – so der Bürgermeister in einer Sitzungsvorlage.

Aber: In keinem Jahr der Fi­nanzplanung 2013 bis 2016 wird diese Mindestinvestitionssumme von 2,3 Mio. € erreicht!

Das im Juli 2012 vom Rat beschlossene Abwasserbeseitigungskonzept enthält zu den Kosten folgende Feststellung:

„Zur Umsetzung der ausgewiesenen Maßnahmen sind in den kommenden sechs Jahren (2012 – 2017) Investitionskosten von ca. 15 Mio. € vorgeschätzt worden. (…) In den weiteren Jahren 2017 – 2023 ist mit weiteren Investitionen in Höhe von ca. 23 Mio. € zu rechnen. Zeitpunkt und Kosten der Umsetzung können derzeit jedoch nur abge­schätzt werden.“

Diese Beträge fehlen in der städtischen Finanzplanung. Ein Bürgerantrag zum Haushalt 2013, diese Summen in die Finanzplanung einzustellen, wurde abgelehnt.

Übrigens: Wassersparen bedeutet in der Regel auch Energiesparen – insbesondere, wenn es sich um Warmwasser handelt. Zudem kostet es Energie, das Wasser zu reinigen. Kläranlagen sind die größten Stromverbraucher einer Kommune.

Darüber schweigen die „Stadtwerke“ sich aus. Und die „Rheinische Post“ fragt auch nicht nach.

„Wassersparen schadet den Leitungen“ (Rheinische Post, 15.08.2013)