Einkommen ungleicher verteilt, Armutsquote gestiegen

Trendwende steht immer noch aus

Die Einkommen in Deutschland sind heute deutlich ungleicher verteilt als vor zehn oder 20 Jahren. Besonders stark hat sich die Schere zwischen 2000 und 2005 geöffnet.

Zwar gibt es Hinweise darauf, dass die Ungleichheit seitdem wieder etwas abgenommen hat: Der Anteil der Löhne am Volkseinkommen ist nach jahrzehntelanger Erosion wieder angestiegen.

Und der Gini-Koeffizient, das bekannteste Maß für Einkommensungleichheit, signalisiert für die Jahre zwischen 2005 und 2010 einen geringfügigen Rückgang der Unterschiede.

Eine echte Trendwende ist aber noch nicht erreicht. Möglicherweise stellt der Gini-Koeffizient methodenbedingt die Entwicklung sogar positiver dar als sie wirklich ist.

Zu diesem Ergebnis kommt der neue Verteilungsbericht des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung.

Für die Studie haben Prof. Dr. Brigitte Unger, Dr. Reinhard Bispinck, Dr. Toralf Pusch, Dr. Eric Seils und Dr. Dorothee Spannagel vom WSI zahlreiche nationale und internationale Statistiken ausgewertet und verschiedene Indikatoren berechnet.

„Die Datenlage ist teilweise unübersichtlich. Unter dem Strich sehen wir aber gewichtige Indizien dafür, dass noch eine Menge zu tun ist, um eine echte Entspannung der Verteilungsentwicklung zu erreichen.

Einige positive Tendenzen in letzter Zeit ergeben noch keinen stabilen Trend. Und die ärmeren Menschen in diesem Land haben davon bislang überdies kaum profitiert“, fasst Brigitte Unger, die Wissenschaftliche Direktorin des WSI, zusammen.

So hat der Abstand zwischen hohen und niedrigen Löhnen nach Beobachtung der Wissenschaftler seit 2008 erneut zugenommen.

Die Armutsquote ist im gleichen Zeitraum mit einer Ausnahme im Jahr 2010 kontinuierlich gestiegen.

Und lediglich das wohlhabendste Viertel der deutschen Haushalte weist langfristig eine stabile Sparquote auf.

Vor allem die ärmere Hälfte der Bevölkerung kann offensichtlich deutlich weniger zurücklegen als Anfang der 1990er Jahre.

Dadurch sinkt der ohnehin nur marginale Anteil der Ärmeren an den Vermögenseinkommen. „Auch eine private Altersvorsorge ist so kaum möglich“, warnen die WSI-Experten.