Internationaler Frauentag in Hilden

Stilberatung, heilsames Singen, revolutionäre Diätvorschläge..

Hildens Gleichstellungsbeauftragte teilt mit:

„Am 8. März ist Internationaler Frauentag. An diesem Tag erinnern die Vereinten Nationen und Frauenorganisationen weltweit an den Kampf um Gleichberechtigung und das Wahlrecht von Frauen.

Am 19. März 1911 fand in Deutschland und vielen anderen Ländern der erste Internationale Frauentag statt. Millionen von Frauen beteiligten sich an Demonstrationen und forderten das Wahlrecht von Frauen.“

Sie forderten zwar noch mehr als das Wahlrecht, aber das ist ja alles schon so lange her. Damals ging es um so schlimme Sachen wie eine Revolution, und es gab tatsächlich eine starke Arbeiterbewegung, deren Partei aber noch keinen Antrag im Reichstag durchgesetzt hatte.

Revolutionäre Diätvorschläge?

Warum und von wem einmal der 8. März und dann wieder der 19. März zum „Internationalen Frauentag“ ausgerufen worden war, teilt uns das Rathaus leider nicht mit. Man wird es nicht wissen.

Belassen wir es dabei.

„In Deutschland bestimmen über die Jahre folgende Themen diesen Tag: Frauenwahlrecht, der § 218, das Gleichstellungsgesetz, der Einsatz für Völkerverständigung, Friedensproteste, Frauenarmut, usw.“, arbeitet die „Gleichstellungsbeauftragte“ sich an der Stichwortliste ab.

Gern würde man von ihr erfahren, welche Frauen gegen den Frieden und für den Krieg protestiert haben, was einem „Friedensprotest“ ja gleichkäme. Und zum Thema „Frauenarmut“ würde man von ihr eine Aussage zur Situation in Hilden erwarten. Oder gilt auch hier die Stillstandsparole der SPD: „Alles bleibt gut!“?

Die Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs, das Recht der Frau auf ihren eigenen Körper, wird nicht ausgesprochen, sondern auf den Strafgesetzbuchparagrafen 218 reduziert, damit auch ein Kardinal Meisner und „Pietkongs“ sich angesprochen und eingeladen fühlen können.

In Hilden sei es „Usus, nicht alleine den 8. März in den Fokus zu rücken, sondern ‚Rund um den Internationalen Frauentag‘ zu den verschiedensten Veranstaltungen einzuladen“ und diesen Tag, nach Möglichkeit, seiner politischen Botschaft zu berauben.

Stattdessen wird von der Gleichstellungsbeauftragten eine Reihe „Highlights“ vorgestellt. Dahinter verbergen sich vier Veranstaltungen, die es in sich haben:

Es beginnt mit „Stilberatung und Heilsames Singen“, einem Frühstücksbrunch nur für Frauen, die sich dann kauend und verdauend der Frage widmen: „Schön und jung aussehen – wer möchte das nicht? Wie vermeiden Sie Fehlkäufe? Wie plane ich eine praktische und kombinierbare Garderobe?“

Eine Antwort enthält bereits die Einladung: „Durch eine typgerechte Ernährung nach den 5 Elementen ist das möglich, denn zum großen Teil kommt die Schönheit von Innen.“ Und anschließend wird zum „Heilsamen Singen“ übergegangen.

„Denken Frauen anders?“ offeriert küchenphilosophischen Tiefgang. „An Beispielen denkender Frauen aus der Geschichte spürt die Veranstaltung dem weiblichen Denken und seiner möglichen Besonderheit nach.“

Wo denkende Frauen besonders gewürdigt werden, müssen nicht-denkende in Hülle und Fülle vorhanden sein. Ist das so gemeint? Sind Frauen einfach irgendwie sanfter, empathischer als Männer? Auch als KZ-Aufseherinnen?

Wo das „philosophische Gespräch“ den Tratsch veredeln soll, da ist das Zwerchfell unterbeschäftigt. Aber der „Internationale Frauentag“ auf Hildener Biertisch-Niveau lässt keine Wünsche offen:

„Eine literarisch-kabarettistische Kalorienverbrennung: Ein Abend über Problemzonen, die sie und ihn vor dem Spiegel ärgern. Bevor Sie verzweifeln, hilft Kriszti Kiss Ihnen mit revolutionären Diätvorschlägen und garantiert wirksame Fitness-Anweisungen.“

Die Dame kündigt an, sie erlöse ihr Publikum „aus dunklen Stimmungen und Lebenskrisen“. Angesichts dieser Programmankündigung muss man daran zweifeln, ob es ihr gelingen wird.

Auch selbst die einzige Veranstaltung zu einem gesellschaftspolitisch relevanten Frauenthema wird – so läuft’s Business – radikal entkernt.

„Steigende Altersarmut bei Frauen“ gibt einer Versicherungsmaklerin, deren berufliche Existenz von der Schleifung der staatlichen Altersversorgung profitiert, das Forum, für ihre Branche zu werben – nein, die Gelegenheit, „situationsbezogene Lösungen aufzuzeigen“.

Es wäre ja auch zu ernüchternd für alle „Business-Frauen“, sich nach „Stilberatung“, dem „Heilsamen Singen“, nach „Beispielen denkender Frauen“ und „revolutionären Diätvorschlägen“ auch noch in die Lage der für ein paar Euro an der Kasse oder im Supermarkt schuftenden Frauen hineinzuversetzen, die jene bedienen.

So genau will man‘s nicht wissen!

Ja, „Altersarmut hat vor allem ein weibliches Gesicht.“ Auch in Hilden. Aber dieses Gesicht bzw. diese Gesichter will die Politik nicht sehen. Und die Gleichstellungsbeauftragte ist Teil des Ganzen. Da lautet die Parole ja „Alles bleibt gut!“

Das einzig Widerständige am „Internationalen Frauentag“ in Hilden sind die „revolutionären Diätvorschläge“.

Zutritt dazu: nur für Frauen. Man(n) möchte da auch nicht gesehen werden.