Nur noch mitschwimmen

BA-Funktionäre erklären Politikverzicht zur Tugend

Die gemeinsame Stellungnahme des Vorsitzenden der Wählergemeinschaft und der Fraktion der „Bürgeraktion Hilden” bzw. der „ba”, zu der sie mittlerweile geschrumpft ist, lässt erkennen, wie unfähig beide zur Analyse und zur Selbstkritik sind.

Wenn man bei einer Wahl 40 % der Stimmen verloren, wenn der eigene Fraktionsvorsitzende und Bürgermeisterkandidat mit weitem Abstand schlechter abgeschnitten hat als ein Kneipenwirt, dann wäre doch zu fragen: Woran hat es gelegen?

Stattdessen wird dem mit 3,3 % eindeutig abgelehnten Ex-Bürgermeisterkandidaten Reffgen „Dank und Anerkennung” ausgesprochen. Und zwar angeblich von und im Namen der „Wählergemeinschaft”.

Erstaunt muss man lesen, dass die Willensbildung in der BA nicht mehr von unten nach oben verläuft. Denn was die Wählergemeinschaft will oder wollen soll, das entscheiden nicht ihre Mitglieder in einer Versammlung, sondern zwei Personen: Ludger Reffen und Ralf Peter Beier.

Beide bestätigen einander wechselseitig, gut zu sein und keine Fehler gemacht zu haben. Man sei „noch mit einem blauen Auge davongekommen.” – So reden für gewöhnlich nur Spießgesellen oder Beteiligte an einer Wirtshausschlägerei. Mit Politik hat das nichts zu tun.

Das Wahlergebnis, also der Verlust von 1.000 Stimmen bzw. 40 % der Wählerbasis, „falle (…) für die BA noch vergleichsweise gut aus”, wie beide im Chor tönen, ohne den Vergleichsmaßstab anzugeben. Schlechter als die BA hat nämlich bei dieser Kommunalwahl keine Gruppierung abgeschnitten.

Angeblich, so der BA-Vorsitzende Beier, habe für die BA „der Bürgermeister-Wahlkampf von vornherein eine untergeordnete Rolle gespielt.“ Es wird so getan, als seien 3,3 % für Reffgen in 2014 ebenso nachrangig wie 10 % für Dr. Krasemann-Sharma in 2009.

Der Vorschlag eines Mitglieds, zur Kommunalwahl 2014 keinen Bürgermeisterkandidaten aufzustellen und sich stattdessen auf Themen und klare Aussagen zu konzentrieren, hatte weder bei Beier noch bei Reffgen Unterstützung gefunden.

Reffgen hatte einen BA-Bürgermeisterkandidaten für unverzichtbar erklärt und sich nach inszeniertem Schweigen die Kandidatur antragen lassen. Eine personelle Alternative dazu hatte sich nach intensiver Gesprächstherapie und einem garantierten vorderen Listenplatz schnell erledigt.

Die angeblich „untergeordnete Rolle“, die der Bürgermeister-Wahlkampf für die BA gespielt habe, passt nicht zur Produktion einer Werbepostkarte für Reffgen, die den klammen Finanzen der BA den Rest gab. Es hatte für Kandidatenbriefe in allen Wahlkreisen nicht gereicht; die Hauswurfsendung für den Bürgermeisterkandidaten war wichtiger.

Die Behauptung, die der Vorsitzende der Wählergemeinschaft sich in den Mund legen lässt, die Ergebnisse von 2014 ließen sich nicht mit denen von 2009 vergleichen, ist haltlos. Denn – anders als Ralf Peter Beier sich offiziell erinnern mag – gab es 2009 bei der BA keine Großplakatierung und auch kein „Wahlkampf-Fahrzeug“.

Der BA-Wahlkampf 2009 wurde basisdemokratisch geplant, organisiert und durchgeführt. Leider ohne Ludger Reffgen, der höhere ästhetische Ansprüche hatte. Das Wahlergebnis hievte die „Bürgeraktion“ und ihre Bürgermeisterkandidatin über die 10%-Marke.

Dass damals einige Zeitungsanzeigen geschaltet werden konnten und 2014 nicht, hatte am sparsamen Umgang mit den Finanzen und an der großen Spendenbereitschaft einiger Mandatsträger gelegen.

Mit der Amtsübernahme durch das Vorstandstrio Beier, Schnatenberg und Strösser begann die Schrumpfung der BA-Finanzen: Für zig-tausende Euro wurde die „Bürgeraktion“ als „BA“ neu erfunden – mit neuem Logo, neuen Farben und neuem Internet-Auftritt.

Da blieb für den Wahlkampf 2014 nicht mehr viel Geld in der Kasse. Was noch da war, ging an eine Werbeagentur. Handverlesen. Inspiriert und angefeuert durch Ludger Reffgen wurde alles über Bord geworfen, was die BA seit 1999 geprägt hatte.

Wie man auch mit relativ wenig Geld und einem bescheidenen Wahlkampf viele Stimmen bekommen kann, hat der unabhängige Bürgermeisterkandidat Gerd Hegmann eindrucksvoll bewiesen.

Die Einschätzung der BA-Spitzen, mit Blick auf die Bürgermeister-Stichwahl, „es werde (…) unerheblich sein, welcher Kandidatin am 15. Juni die Stimme gegeben werde“, ist entlarvend:

Wer so argumentiert, ignoriert den objektiven Interessengegensatz zwischen SPD und CDU: Wer stellt die Nr. 1. Im Rathaus?

Wer diesen Gegensatz leugnet, der will nichts verändern.

Wer diese einmalige Gelegenheit nicht beim Schopf packen will, aber ankündigt – nachdem der rot-schwarze Beton hart geworden ist -, „als Korrektiv zu wirken“, macht sich lächerlich.

Es wird auf diese BA nämlich bald nicht mehr ankommen. Sie wird im Rat nach dem 15. Juni keine Rolle mehr spielen können.

Statt wenigstens zu versuchen, das Zustandekommen der rechnerischen SPD/CDU-Mehrheit von 70 % der Ratssitze zu verhindern – z. B. durch ein ernsthaftes Gesprächsangebot an SPD und CDU – , zieht man sich bei der BA lieber in den sturmfreien Hafen zurück.

Beier, Reffgen & Co. wollen nämlich nicht Politik betreiben, sondern nur ihre Ruhe haben. Sie wollen nicht mitentscheiden müssen, sondern nur mitschwimmen. Man will Nerven, Magen, Darm und Herz schonen – und hofft vielleicht auf den Vorsitz im Kulturausschuss.

Beider Anspruch, im Rat zu versuchen, „von Mal zu Mal mit einer Gestaltungsmehrheit eine einseitige und negative Entwicklung der Stadt zu verhindern”, ist angesichts ihrer gegenwärtigen Passivität bereits jetzt nichts als eine hohle Phrase.

Diese BA erhebt den Verzicht auf Politik endgültig zur Norm. Sie ersetzt Gestaltungswillen und politische Fantasie durch Geraune und scheinradikale Lippenbekenntnisse.

Wichtig war und ist diesem Führungspersonal nur noch und ausschließlich die Sicherung persönlicher, finanzieller Interessen. Man könnte sie auf den Euro genau beziffern. Wenigstens hier wird es keine Verluste geben.

Weil die BA (ohne Beschluss ihrer Basis) jetzt darauf verzichtet, realpolitisch zu testen, ob sie sich durch Unterstützung einer Bürgermeisterkandidatin einen Rest an Mitgestaltungsmöglichkeiten erhalten könnte, wird sie bald in der Bedeutungslosigkeit verschwinden.