An die eigene Nase fassen

Warum von 5,35 Mio. EUR nur knapp 1 Mio. EUR in Hilden ankommen

Auf den ersten Blick tritt es zu, dass das Land mit der einen Hand gibt, um mit der anderen zu nehmen, aber die Kommunalpolitiker vor Ort, also auch hier in Hilden, haben dazu ihren Beitrag geleistet. Jahrelang.

Worum geht es? Auf der einen Seite haben Kommunen die neue Abrechnung der so genannten „Einheitslasten“ gerichtlich erstritten. Der Verfassungsgerichtshof NRW hat entschieden, dass die Kommunen einen Anspruch auf  Rückerstattung zu viel gezahlter Kosten für die Einheitslasten des Landes haben.

Hilden, das sich an der Klage beteiligt hatte, kann vom Land rd. 5,33 Mio. EUR erwarten. Diese einmalige Zahlung hat das Land in einer Modellrechnung bestätigt.

Dieser einmaligen „Erstattung“ werden aber bis zum Jahr 2020 neue, dauerhafte Mehrbelastungen der Stadt gegenüberstehen: Hilden soll sich an einer „Solidaritätsumlage“ zugunsten überschuldeter NRW-Kommunen beteiligen, und zwar – nach einer vorläufigen Berechnung der CDU im Landtag – mit jährlich 4,33 Mio. EUR.

Auf dieser ungesicherten Zahlenbasis werden gestandene Landes- und Kommunalpolitiker zu Milchmädchen, die dem „bösen“ Land eine falsche Rechnung präsentieren: „Die in Düsseldorf nehmen uns das Geld weg, das sie uns gerade erst gegeben haben!“

Doch so simpel ist das Ganze nicht. Richtig ist, dass Hilden an der Solidaritätsumlage für notleidende NRW-Kommunen beteiligt werden wird. (Diese Erkenntnis ist übrigens nicht neu.) Aber warum und in welcher Höhe wird unsere Stadt zur Kasse gebeten?

Eine Kommune wird nur dann zu dieser Umlage herangezogen, wenn die Stadt ihre Steuerkraft, die beim „Kommunalen Finanzausgleich“ jährlich ermittelt wird, nicht ausgeschöpft hat. Mit anderen Worten: Eine wirtschaftlich robuste Stadt wie Hilden, die darauf verzichtet, die für die Deckung ihres Bedarfs erforderlichen Steuereinnahmen zu erzielen, wird nicht „reich“ gerechnet – sie ist es.

Eine Stadt wie Hilden hat kein Einnahmeproblem.

Hildens Steuerkraft ist nämlich so hoch, dass die Stadt seit Jahren keine Schlüsselzuweisungen aus dem Landeshaushalt bekommt. Weil die Stadt auch 2013 ihre Steuerkraft nicht voll ausschöpft, werden Unterneh­men, Gewerbetreibende sowie Haus- und Grundbesitzer um mindestens 2 Mio. € entlastet.

Man mag das politisch wollen und begrüßen – es hat aber Folgen.

Der Ausbau der (sozialen) Infrastruktur – wie beispielsweise der höhere Aufwand für die U3-Be­treuung und die OGATA, von dem auch Unternehmen (mittelbar) profitieren – wird aus dem Haushalt finanziert. Die Schere zwischen steigenden Aufwendungen und dem Verzicht auf nachhaltige Verbesserung der Einnahmen wird größer.

Das ist aber kein Naturgesetz, sondern hausgemacht.

Hilden, das sich eine teure Infrastruktur leistet, sich zugleich durch niedrige Steuersätze arm rechnet und durch Tricks Hunderttausende EUR an Grunderwerbsteuer spart, kann dafür nicht auch noch belohnt werden. Das zeigt ein Blick nach Monheim: Unsere Nachbarstadt mit „Dumping-Steuersätzen“ soll mit mehr als 45 Millionen EUR zur Kasse gebeten werden.

Dass Hilden trotz ausgezeichneter, hoher Steuerkraft keinen ausgeglichenen Haushalt vorlegen kann, liegt am Wunsch der meisten Kommunalpolitiker mit dem SPD-Bürgermeister an ihrer Spitze, beliebt zu sein und geliebt zu werden – durch immer neue, nicht seriös finanzierte Wohltaten, die über Kunstrasenplätze längst hinausreichen.

Offiziell galt und gilt immer noch, was Hildens Kämmerer vor zweieinhalb Jahren im Rat als Parole ausgegeben hat: „Seien wir froh, dass wir (…) den viel zitierten Hildener Standard immer noch erhalten – ja in einen Teilen sogar ausbauen konnten.“

Doch weil der Verkauf des Tafelsilbers eine einmalige, unwiederholbare Aktion ist (z. B. Stadtwerke) und das Haushaltsloch nur noch für wenige Jahre durch Griff ins Eigenkapital gestopft werden kann, wird der Aderlass der Stadt durch die Solidaritätsumlage hoffentlich dazu führen, dass der Rat begreift, dass es so nicht weitergehen kann.

Die Alternative ist ganz einfach: Entweder höhere Steuersätze oder sparen bei den Ausgaben. Aber wofür man sich auch entscheidet: Ohne Mut wird es nicht gehen.

Und immer dann denken, liebe Freunde: Wer mit dem Zeigefinger auf die Landesregierung deutet, auf den zeigen mindestens drei Finger zurück!