„Die Wohnform ist (…) zweitrangig.“

Rathaus will kein Strategiekonzept „Familiengerechtes Wohnen“

Die „Allianz für Hilden“ möchte die Bürgermeisterin beauftragen, ein städtebauliches Strategiekonzept „Familiengerechtes Wohnen mit Kindern“ zu erstellen, um so dem demografischen Wandel entgegenzuwirken und junge Familien an die Gemeinde zu binden.

Die Bürgermeisterin betrachtet ein Strategiekonzept „Familiengerechtes Wohnen“ als „kontraproduktiv“ für die Stadtentwicklung Hildens. Die Kosten seien „derzeit nicht abzuschätzen.“ (Es muss sich um Millionen EUR handeln…)

Birgit Alkenigs hat für die Antragsteller, die das Pech haben, der falschen politischen Vereinigung anzugehören, die trostreiche Botschaft parat, die Stadtverwaltung „beschäftigt sich schon seit Jahren mit dem Thema des demografischen Wandels, ebenso mit dem Thema der Kinderfreundlichkeit in der Stadt.“

Also bleibt auch hier alles gut.

Doch dann bekommen die Antragsteller, die als SPD-Fraktion bestimmt bessere Karten hätten, es knüppeldick. Jetzt tritt die Oberlehrerin auf:

„Der Antrag geht zunächst von falschen Voraussetzungen aus.“

Ein- und Zwei-Familienhäuser machten nämlich „gut zwei Drittel des Wohn-Gebäudebestandes in der Stadt Hilden aus. Von einer geringen Quote im Stadtgebiet kann also nicht gesprochen werden.“

Tritt die Bürgermeisterin jetzt etwa einen Baustopp ein? Hält sie familiengerechtes Wohnen im Hochhaus oder in hochverdichteten Quartieren für die bessere Alternative?

Sie weiß es ja besser. Auch bei diesem Thema. Sie fällt vom Rathaus-Schreibtisch aus das Urteil: „Auch das Postulat, für Familien mit Kindern seien Einfamilienhäuser die ideale Wohnform, geht an der Realität vorbei.“

Die Realität, das ist die Weltsicht, die man sich zulegt, wenn man Aussicht auf eine dicke Pension im Rathaus sitzt.

Welche Wohnform empfehlen Madame denn Familien mit Kindern?

Dazu schweigt sie.

Und greift lieber tief in die Kiste mit den ablegten Floskeln. Birgit Alkenings weiß: „Eine gut ausgestattete und ausreichend große Wohnung, die gleichzeitig bezahlbar ist, gehört zur Grundvoraussetzung für ein zufriedenes Familienleben.“

Das musste einmal gesagt werden, um es gleich wieder der Realpolitik zu opfern. Wie sieht denn der Wohnungsbau in Hilden aus, seitdem Sozialdemokraten hier das Sagen haben?

Bezahlbar ist er, ja klar, denn es findet sich immer jemand, der sich eine der teuren Eigentumswohnungen oder eine hohe Miete leisten kann.

Birgit Alkenings weiß aber noch viel mehr. Zum Beispiel, dass die Wohnform „dabei zweitrangig“ sei. Es könnte also auch ein Zelt sein. Und verbietet nicht das Gesetz mit gleicher Majestät Armen wie Reichen, unter den Brücken von Hilden zu nächtigen?

Was die angebliche Zweitrangigkeit der Wohnformen angeht, so widerspricht diese Aussage der Praxis:

Wäre die Wohnform nämlich zweitrangig, dann könnte der Rat sich doch endlich zu einer nachhaltigen Durchmischung durchringen, statt nur die Rendite-Erwartungen der Bauherren zu bedienen.

Der Antrag der „Allianz“ berücksichtige „weiterhin nicht, dass die Stadt Hilden aufgrund ihres kleinen Stadtgebietes gar nicht über die Flächen verfügt, extensiv Gebiete für den Bau von Einfamilienhäusern auszuweisen.“

Diese Erkenntnis hat aber in den vergangenen 25 Jahren nicht nur bei der SPD keinerlei Konsequenzen nach sich gezogen. Das kleine, hochverdichtete Stadtgebiet ist ja nicht durch Gebietsabtretungen entstanden.

Es gelte „zu berücksichtigen, dass tatsächlich grundsätzlich eine ausreichende Anzahl von Gebrauchtimmobilien auf dem Markt ist bzw. in absehbarer Zeit auf den Markt kommt.“

So habe es 2010 bereits 235 Einfamilienhäuser mit Bewohnern über 80 Jahre gegeben und 821 mit Bewohnern über 70 Jahre. „Derartige Immobilien kommen in der Regel kurz- bis mittelfristig auf den Markt“, glaubt die Bürgermeisterin zu wissen.

Doch wer kann sich solche Häuser leisten?

Und wie passt der Hinweis auf rund 1.000 „untergenutzte“ Einfamilienhäuser zu dem von Birgit Alkenings und ihrer SPD massiv vorangetriebenen Ratsbeschluss, bis 2025 „zusätzlich 500 Wohneinheiten“ bauen zu lassen?

Gilt in diesem Zusammenhang nicht, was die Bürgermeisterin der „Allianz für Hilden“ belehrend ins Stammbuch schreibt? Nämlich den Hinweis auf die „damit einhergehende Verknappung des Flächenangebotes“, die „eine Erhöhung der Kosten der Baulandentwicklung in Form steigender Grundstückskosten“ zur Folge haben werde?

Und warum werden dann – die Wohnform sei ja nicht das Entscheidende! – vom Rat auf dem Grundstück der ehemaligen Albert-Schweitzer-Schule voraussichtlich 40 Einfamilienhäuser zugelassen?

Warum wird die ehemalige „Pferdewiese“ im Bereich Karnaper Str. / Diesterwegstr. / Eisenbahntrasse mit voraussichtlich 23 Einfamilienhäusern vollgestopft?

Warum spielen die „untergenutzten“ Einfamilienhäuser hier keine Rolle?

Ganz toll, richtig durchsetzungsstark und entschlossen, klingt auch, was die Bürgermeisterin der „Allianz für Hilden“ ins Gedächtnis zu rufen versucht:

„Die Stadt Hilden strebt an, ihre neuen Wohnbau-Grundstücke zumindest teilweise durch Baulandmodelle auch der Zielgruppe „Junge Familie“ zur Verfügung zu stellen.“

Ja, wer immer strebend sich bemüht…! Manche streben an, im neuen Jahr abzunehmen oder mit dem Rauchen aufzuhören, „zumindest teilweise“

Der Antrag der „Allianz für Hilden“ hätte eine Chance verdient. Aber diese bekäme er nur mit einem anderen Absender.