Dann gibt es nur eins!

Rückgrat ist gefragt: Kippt auch die  „Bürgeraktion“ um?

Wenn es stimmt, dass sich Hildens Haushaltsloch 2014 durch die Solidarumlage auf dann rd. 4,7 Mio. EUR mehr als verdoppeln wird, dann kann und muss der Rat vor jeder Entscheidung nüchtern und ergebnisoffen das Wünschbare vom Machbaren trennen.

Musste Hilden denn nicht den einzigen Jugendtreff in der Stadt schließen und das Jugendamt sein Angebot um rd. 12 % kürzen, weil ein externer Gutachter empfohlen hatte, das Förderangebot für Kinder und Jugendliche um 700.000 EUR zu reduzieren?

Die Lage war doch so ernst und alternativlos. Und danach kam die „Solidarumlage“ von 2,2 Mio. EUR pro Jahr. Bürgermeister und Ratsfraktionen haben sogar erwogen, gegen das Land zu klagen. Die CDU-Fraktionsvorsitzende will sogar bis vors Bundesverfassungsgericht gehen.

Und plötzlich geht es nicht mehr darum, ob Hilden sich in dieser Lage auch noch 1,6 Mio. EUR für Um- und Neubau eines Funktionsgebäudes auf einer ehemaligen Müllkippe leisten kann.

Rathaus und (fast) alle sechs Ratsfraktionen greifen zu den bunten Spendierhosen: Weihnachten steht vor der Haustür, gefolgt von der Kommunalwahl 2014. Da will man nur in freudige, strahlende Gesichter schauen.

Die Frage: Können wir uns das leisten? Gestern 1,2 Mio. für den SV Nord, morgen 1,6 Mio. für die „Süder“ und übermorgen? Hilden-Ost, VfB 03? Auch Kunstrasen kommen in die Jahre!

Und wer spricht vom maroden städtischen Abwassernetz? Wer nimmt die Stadtverwaltung beim Wort, die im Haushaltsplan hingewiesen hat:

„Eine erste Auswertung des Straßenzustandskatasters zeigt, dass mit den bisher zur Verfü­gung stehenden Mitteln eine Erhaltung des Straßennetzes und -kapitals nicht möglich ist. Es ist absehbar, dass die Aufwendungen steigen.“ (Haushaltsentwurf 2013, S. 421)

Und der Tiefbauamtsleiter der Stadt, Harald Mittmann, wurde so zitiert:

 „Doch zu einer (…) Komplettsanierung fehlt der Stadt Hilden das Geld. Stattdessen ver­schiebe sie lediglich die Problemlösung und halte an kurzfristigen Behelfsmaßnahmen fest. Und das, obwohl das ständige punktuelle Ausbessern langfristig wesentlich teurer sei.“ (RP, 26.04.2011: „Flickwerk mit Schlaglöchern“)

Zum städtischen Kanalnetz hat der Kämmerer ebenfalls klare Worte gefunden:

„Es ist absehbar, dass die Investitionen zur Substanzerhaltung der Anlagen und damit des Vermögens zukünftig ansteigen werden. Grundlage für diese Angabe sind die Auswer­tungen der Kanalnetzuntersuchungen, die Altersstruktur des Netzes und die Re­investitions­quoten in der Vergangenheit.“ (Haushaltsentwurf 2013, S. 412)

Nachdem keine der fünf Ratsfraktionen, die die „Rheinische Post“ um eine Stellungnahme gebeten hatte, den Mut gezeigt hat, die Planungskosten infrage zu stellen, bleibt zu hoffen, dass wenigstens die „Bürgeraktion“ Rückgrat zeigt und sich diesem medial inszenierten Druck nicht beugt.

Eine Stadtverwaltung, die vom Rat kontrolliert würde, müsste sich eine Menge unangenehmer Fragen gefallen lassen. Das Amt für Gebäudemanagement, das innerhalb von weniger als sechs Monaten, zwei einander widersprechende Zustandsbeschreibungen abgegeben hat, hätte keine ruhige Minute mehr.

Welche unangenehme Überraschung hat man noch parat? Im Frühjahr 2014, nur wenige Wochen vor dem Wahltag?

Und wieso leistet Hilden sich zig Kunstrasenplätze, mit jeweils einem schönen „Funktionsgebäude“? Vergangenen Winter hatte sogar die CDU-Fraktion erkannt, es sei „also absehbar (…), dass hier in naher Zukunft Sanierungen anstehen.“

Sanierungen kosten Geld.

Ist es obszön, angesichts dieser auf die Stadt zurollenden Kostenlawine das Wort „Fusion“ in den Mund zu nehmen? Und zu fordern: „Lieber weniger, aber besser!“?

Hat wenigstens die „Bürgeraktion“ den Mut, der Versuchung zu widerstehen, populistisch die verständlichen Wünsche eines Sportvereins zu bedienen?